PORTRÄT | Barkas, Trabant & Wartburg
Wenn der Vater mit den Söhnen: Die Familie Kievit liebt Autos, die – lange verschmäht – nun wieder im Wert steigen.
DDR-AUTOBAU AN DREI TRADITIONSSTANDORTEN
Das Barkas-Werk stand in Karl-Marx-Stadt, der Stadt, die längst (wie vor der DDR-Ära) wieder Chemnitz heißt. Lange bevor der Industrie- verband Fahrzeugbau (IFA) im Jahr 1958 dort die VEB Barkas-Werke gründete, wurden in der Stadt bereits Autos gefertigt, unter anderem gründete sich hier 1932 die Auto Union. Der Kleintransporter blieb bis 1990 in Produktion und erhielt ähnlich wie Wartburg und Trabant am Ende auch noch einen (vor Ort) produzierten VW-Viertakter. Nach der Wende ging es im zum Komponentenwerk der Volkswagen Sachsen GmbH umgebauten Werk Chemnitz weiter. Geburtsstätte des Trabants war das VEB Sachsenring Automobilwerk Zwickau. Auch dies ein Traditionsstandort, vor dem Krieg waren dort Audi und Horch ansässig. Ab Sommer 1946 nutzten die Russen die Anlagen als Reparatur- werkstätten, 1949 ging die Autoproduktion wieder los, ab 1958 unter dem Markennamen Trabant. Nach der Wende begann Volkswagen 1990 mit der Serienfertigung des Polo II. 2019 lief im Volkswagen Fahrzeugwerk Zwickau-Mosel der elektrische ID.3 an, 2020 das letzte Modell mit Verbrenner (ein Golf) vom Band. Das Wartburg-Werk befand sich in Eisenach; benannt nach der legendären Burg oberhalb der Stadt. Seit 1928 gehörte die 1896 gegrün- dete Fahrzeugfabrik Eisenach BMW. Nach dem Krieg bauten sie in Thüringen zunächst weiter BMW, was logischerweise auf Widerstand aus München stieß. Nach der Verstaatlichung 1952 wurden die Modelle kurzzeitig in EMW umfir- miert, ehe das Werk 1953 endgültig den Namen VEB Automobilwerk Eisenach erhielt und 1955 den ersten Wartburg auf den Markt brachte. Der Wartburg 353 blieb von 1966 bis 1989 in Produktion. Seit 1990 wird ein Teil des Werks von Opel genutzt. Aktuell baut die Stellantis- Marke dort den Grandland X. Im 1934 von BMW errichteten Gebäude O2 eröffnete 2005 das Museum Automobile Welt Eisenach, das seinen Besuchern die bald 130 Jahre lange Automobil- baugeschichte der Wartburg-Stadt näherbringt. Thomas Imhof
zum Trabant zu gehen, weshalb wir irgend- wann zu ,2-Takt Vrienden Nederland‘ wech- selten, wo wir uns wohler fühlten. Auch ab- seits der Fahrt um den Kirchturm und der Vereinsveranstaltungen versuchen wir, mit unseren Autos lustige Dinge zu unterneh- men. Wir nehmen an Rallyes und Touren teil, nutzen den Barkas als Dienstwagen, waren aber auch schon mit mehreren Trabis in Ber- lin.“ Bei ihrer Liebe zu ostdeutschen Autos
stoßen Paul und Erwin zum Glück bei ihren Frauen auf großes Verständnis. Sanne, die mit Paul verheiratet ist, sagt: „Ich finde es toll, ihnen bei der Arbeit zuzusehen. Wer pflegt schon so ein Hobby, zusammen mit seinem Vater und Bruder? Sogar Tom, Er- wins Sohn, hilft inzwischen regelmäßig bei Gelegenheitsarbeiten aus. Erwins Frau Yvette geht noch einen Schritt weiter. „Ich fahre den Barkas fast jeden Tag. Man bekommt immer nette Reaktionen, vielleicht, weil es kein ‚Hier bin ich‘-Auto ist, sondern eines für die Menschen.“ Aber warum muss es unbedingt ein knatternder Zweitakter mit seiner nicht jeder Nase schmeichelnden bläulichen Ab- gasfahne sein? „Weil es die Motoren sind, die zu diesen Autos passen“, lässt Paul keinen Zweifel. „So wurden sie entworfen, so wur- den sie die ganze Zeit hergestellt, sie sind einfach ein Teil davon.“ Erwin nennt noch einen weiteren Grund: „Bei einem Zweitak- ter kann man alles selbst machen. Unter der Woche sitze ich am Schreibtisch, am Wo- chenende will ich mir die Hände schmutzig machen, nachdem ich an einem der Autos herumgeschraubt habe.“
Unter der Haube ist „Karl-Heinz“ alles andere als Standard. Hier ist die Original- farbe Blau noch deutlich zu erkennen.
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