Auto Classic

Röntgenblick: Die Karosserie gehört sorgfältig auf Rost untersucht. Eine gute Hohlraumkonservierung kann ein Pluspunkt sein. Schwierig zu bekommen (und teuer!) sind gute Türen.

mag paradox klingen, doch das Hauptproblem des NSU ist heutzutage der Rost. Seine Bauzeit fiel in die korrosiven 1970er Jahre, in denen selbst eine Mercedes S-Klasse zügig gammel- te. Angaben über besonders gefährdete Jahre sind unzuverlässig, Als Anhaltspunkt kann jedoch grob gesagt werden, dass die Jahrgänge 1974–1975 (Stahl- krise, kupferhaltige Recyclingbleche) im All- gemeinen schlechter sind als die davor und danach. Vorhandene Hohlraumkonservierung ist in der Regel von Vorteil und kann wichtiger sein als ein bestimmtes Baujahr. Entscheidend ist bei jedem Ro 80 der Zustand der Karosse- rie. Reparaturen sind hier am teuersten und meist schwer kalkulierbar. Lieber ein ehrliches Auto mit drei Rostlöchern kaufen als eines, das schon mehrfach geschweißt wurde und viel- leicht versteckte Schwachstellen hat. Der Zu- stand der Technik sollte zweitrangig sein, denn hier kann man fast alles mit überschaubarem Aufwand reparieren. Vorsicht bei Rost am Schiebedach! So sind die vorderen Längsträger nicht mehr lieferbar, und größere Schweißarbeiten an die- sem Teil sind schwierig. Die bei Wiederherstel- lungsarbeiten erforderliche Präzision ist sehr hoch, da hier durch die Aufnahmepunkte der vorderen Querlenker die Vorderachsgeome- trie festgelegt wird. Die Achse selbst ist außer bei der Vorspur nur sehr bedingt einstellbar. Rost im Bereich des Schiebedaches, zu er- kennen an Rostblasen auf der Dachhaut, ist ebenfalls nur sehr aufwendig zu reparieren, meist hilft nur das Dach eines Ersatzteilspen- ders. Probleme mit der Dichtheit der Front- und Heckscheibe erkennt man an Rostblasen unterhalb der Aluminiumleisten der Fenster- dichtungen. Eine aufgequollene, stockflecki-

bleibt den Vorstandsautos vorbehalten, eben- so der 130 PS starke KKM 887. Das einzig grö- ßere Facelift erhält der Ro 80 im Juni 1975, er- kennbar an den größeren Rückleuchten und dem höhergesetzten hinteren Nummernschild. Zu jenem Zeitpunkt rollen nur noch 13 Ro 80 täglich vom Band. Im September 1976 ist das Ende für den Ro 80 beschlossen. Am 19. Ap- ril 1977 wird das letzte Serienfahrzeug gebaut. Insgesamt baut NSU respektive Audi NSU in zehn Jahren exakt 37.402 Fahrzeuge. Der Ro 80 war das letzte Auto mit dem Namen NSU. Und wie sieht es in Sachen Ro 80 fast 50 Jahre später aus? Überraschend gut, möch- te man sagen. Gerade weil er so besonders war, aber zugleich selten und recht teuer, haben in Relation zur Produktionszahl viele Fahrzeuge überlebt. International sollen es zwischen 3.000 und 5.000 sein. Immer wie- der tauchen Funde aus Scheunen und Gara- gen auf. Einen Ro 80 mochte man offenbar nicht herzlos wegwerfen. Doch solche Projek- te sind meist nur etwas für Schrauber oder zur Ersatzteilgewinnung. Generell gilt: Erster Anlaufpunkt ist der Ro 80 Club International e.V. (www.ro80club.org), der sich in Deutschland schon kurz nach dem Produktionsende gründete. Ähnlich wie bei anderen untergegangenen Marken formierten sich schnell die Fans und retteten viele Ersatz- teile. Deshalb verfügt der Club nicht nur über ein großes Teilelager für seine Mitglieder, son- dern auch über eine besonders ausführliche Kaufberatung (https://ro80club.org/assistan- ce/downloads) und Anlaufstellen in Sachen Fachwerkstätten. Gerne unterstützen auch Clubmitglieder in der Nähe bei der Besichti- gung eines potenziellen Kaufobjekts. Auf welche Problemzonen gilt es beim Ro 80 zu achten? Beginnen wir mit der Karosserie. Es

ge, wellige Hutablage oder mit einer von der Unterlage abgelösten schwarzen Folie ist ein sicheres Indiz für eine undichte Heckscheibe. Rostanfällig ist auch die Bugschürze des Ro 80, ebenso sollten die Schweller, Radläufe und Türunterkanten genau inspiziert werden. Der Club weist darauf hin, dass der Schweller aus einem dreiteiligen Kastenprofil besteht und an der Unterseite in den Wagenboden übergeht. Schwachstellen sind hier gut verdeckt: unten durch PVC-Unterbodenschutz, innen durch den Teppich, außen und oben durch eloxierte Zierblenden. Die Dreieckslenker der Vorder- und Hinterradaufhängung können ernstlich korrodiert sein, wenn die Wasserablauflöcher verstopft sind. Die vorderen und hinteren Stoßdämpfer- dome sind auch gefährdet. Während die Huch, dieser Spruch ist gar nicht von Audi? Der bekannte Slogan „Vorsprung durch Technik“ fand 1971 erstmals beim Ro 80 Verwendung.

AUTO CLASSIC 3/2025

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