REPORTAGE | Schwarzwald Winter Challenge
Ganz entspannt: Alfa-Fan Jürg (r.) bleibt trotz Schlamm am Auto und Planlosigkeit seines Co-Piloten gelassen.
veranstaltung im landläufigen Sinne. Spekta- kuläre Drifts, Kurvenräuberei auf der Ideal- linie, weite Sprünge – all das gibt es hier ausdrücklich nicht. Klar, es geht auch um die Zeit. Aber eher im Sinne von Präzision, Gleichmäßigkeit. Besonders schnelles Fah- ren bringt normalerweise keinen Vorteil. Viel wichtiger ist volle Konzentration beim Navi- gieren. Und Disziplin und Köpfchen bei den Wertungsprüfungen. Vielleicht haben Sie das selbst schon einmal ausprobiert. Macht Spaß, aber ist das jetzt Sport? Parken wir diese Frage kurz auf dem Stand- streifen. Denn diese Rallye ist dann doch et- was anders als andere. Die Abkürzung SWC steht für Schwarzwald Winter Challenge und beinhaltet verschiedene Hinweise. Ers- tens: Wir fahren im Januar, im Schwarzwald. Da muss man mit Schnee rechnen. Zwei- tens: Dieses ist eine Challenge, auf Deutsch Herausforderung. Dämmert’s? Es gibt Old- timer-Rallyes, bei denen die Teilnehmer im schönsten Sonnenschein entspannt durch sattgrüne Landschaften flanieren, während vom Straßenrand der Duft von frischgemäh- tem Gras herüberweht. Wir dagegen jagen auf engen Nebenstraßen bei Schmuddelwet- ter und Temperaturen um null Grad von einer Hammerprüfung zur nächsten. Nichts blüht, nichts duftet. Die Natur schläft noch. Schon auf den ersten fünf Kilometern sauen wir unser schönes Auto komplett ein. Schneckensuppe, Lachsforelle So hemdsärmelig die Fahrtage auch sind, umso luxuriöser muss man sich die Zeit im Basislager vorstellen. Zehn Minuten von Of- fenburg entfernt, am Fuße eines Weinbergs, liegt das Hotel Ritter Durbach. Hoch darüber thront die alte Burg Staufenberg, deren Ur- sprünge ins 12. Jahrhundert zurückreichen. Gastgeber in beiden Häusern ist Dominic
keiten auf den Tisch! Es beginnt mit einer aromatischen Schneckensuppe als Vorspeise. Danach eine Ceviche von der Lachsforelle. Und als Hauptgericht Kalbsrücken, Rinder- bäckchen oder Kap-Seehecht. Auto dreckig? Prüfung versemmelt? Was macht das schon. Zurück zur Frage nach dem Sport. Einigen Teilnehmern ist es offenbar sehr wichtig, hier ein klares Statement abzugeben. Sie rollen mit rennmäßig aufgebrezelten Fahrzeugen an den Start. Unverzichtbare Erkennungszeichen: Abschleppschlaufen und Killschalter, Scha- lensitze und fette Zusatzscheinwerfer auf der Motorhaube. Und natürlich Namensschilder mit Nationalflagge an der Seitenscheibe. Eini- ge treten gar mit einem Safari-Kit, bestehend aus Schlechtwegefahrwerk plus Reserverad auf dem Dachgepäckträger, an, als müssten sie hier mit Flussdurchquerungen und Groß- wildkontakten rechnen. Bisschen übertrieben vielleicht. Aber es schadet ja auch nicht.
„In fünf Minuten pfeifen die in Herne an, und wir sind hier am Arsch der Welt.“ Theo Gromberg im Film „Theo gegen den Rest der Welt“
Müller, der auch die SWC veranstaltet und selbst begeisterter Oldtimerfan ist. Um seine Rallyeteilnehmer nach jedem der drei Renn- tage wieder aufzupeppeln, beschäftigt er ein Team ausgewiesener Spitzenköche. Und was zaubern die bitte für umwerfende Köstlich-
Wie ein Affe auf dem Schleif- stein: Ernst hat seine Annette in den Kofferraum seines 72er SLC gepackt für mehr Grip an der Hinterachse.
62
Made with FlippingBook flipbook maker