REPORTAGE | Schwarzwald Winter Challenge
kleinen V8. Auch ein 535i E34 mischt mit, diverse Volvo, MG, Triumph, Ford und Opel. Sogar ein Buick Century von 1939 findet sich im Feld. Also alles sehr gemischt. Volles Rohr übers Ziel hinaus Es dauert nicht lange, da zeigt sich, dass die anderen tatsächlich vieles besser machen. Vor allem die beiden Berliner im schicken BMW 3.0 CS. Auf die hat Jürg ein Auge geworfen. „Die sind gut“, meint er, „die waren letztes Mal schon ganz vorne mit dabei.“ Also hän- gen wir uns dezent an sie dran, wie ein Obser- vierungskommando, das nicht auffallen darf. Wir brauchen dringend ein kleines bisschen Unterstützung bei der Orientierung. Auf diese Weise schwimmen wir eine ganze Weile ohne größere Patzer mit. Doch dann kommt wie-
Die Natur schläft noch: Kahle Bäume und Schmud- delwetter statt Winterwunder- land.
gönnt er sich, als Ausgleich für seinen Job. Carpe diem, gute Einstellung. Obendrein sammelt er Alfa Romeo. 22 Stück hat er, und daneben noch eine hübsche Honda-Samm- lung. Einige Motorräder hat er per Luftfracht in maßgefertigten Holzkisten aus Japan ein- fliegen lassen. Spannender Typ. Und dabei hochsympathisch, nahbar und komplett un- prätentiös. Und unterhaltsam: Seine Anek- dote vom Versuch, bei sich zu Hause den Bau einer Garage genehmigen zu lassen, ist kabarettreif. Das Schlüsselwort heißt Orts- bildschutz. Muss eine Art Geheimwaffe der Schweizer Behörden sein zur Verhinderung unerwünschter Bauten. Mehr Grip, bitte! Zwischenzeitlich wird uns wieder heiß und kalt im Alfa 75. Und es liegt nicht nur dar- an, dass schon wieder eine Wertungsprüfung naht. „Das haben damals schon alle Tester be- mängelt“, klärt mich Jürg auf, „die Heizungs- regelung in diesem Auto ist schlecht.“ Vor uns macht Ernst Ernst. Kurzerhand hat er seine Co-Pilotin Annette in den Kofferraum seines 72er SLC gepackt. Da hockt sie nun, bei ge- öffneter Klappe, und versucht durch ihre pure Anwesenheit das Gewicht an der Hinterachse zu erhöhen, damit der Benz auf dem vereis- ten Untergrund mehr Grip bekommt. Ein Bild für die Götter. Verzeihung, liebe Annette, aber das erinnert schon sehr an den sprichwört lichen Affen auf dem Schleifstein. Wir dagegen bleiben faul im Auto sitzen, vergeigen gutgelaunt eine weitere Gleichmä- ßigkeitswertung, erhaschen aber einige stum- me Wächter. Weil wir außerdem zwischen- durch immer wieder mal anhalten, um Fotos zu machen, sind wir viel zu spät dran. „Jetzt bleibt uns nichts anderes mehr übrig, als Gas zu geben, bis der Motor kotzt“, würde Theo vorschlagen. Und hinterherschieben: „In fünf Minuten pfeifen die in Herne an, und wir sind hier am Arsch der Welt.“ Am Ende gewinnt tatsächlich das sympathi- sche Duo Beetz und Beetz aus Berlin, die mit dem BMW. Für uns gibt es wenig überraschend keinen Pokal, dafür aber viele bereichernde Erinnerungen. Und die Erkenntnis: Wer seinen Oldtimer nicht als Kapitalanlage verhätscheln will, wer in der dunklen Jahreszeit mal für drei Tage sein Hirn neu verkabeln und mit netten Leuten gutes Essen genießen will, der sollte sich für die SWC 2026 anmelden.
der so eine verflixte RIZ. Diesmal sollen wir am Ende der Prüfung mit den Pylonen genau zwischen Vorder- und Hinterrädern zum Ste- hen kommen soll. Ein Aspekt, den wir irgend- wie übersehen. Jedenfalls gehören wir am Ende des Tages zu jenen drei Teams, die ohne
Wertung enden, weil sie volles Rohr übers Ziel hinausgeschossen sind. Aber wie sagt Theo, der Trucker aus dem Film? „Das Schönste im Leben ist doch, dass es immer weitergeht.“ Schön ist auch, wenn sich zwischen- durch doch mal so et- was wie Entspannung breitmacht. Dann ent- stehen kostbare Mo- mente. Gespräche an Bord, in denen man sich näherkommt. Fragt, warum der an- dere hier mitfährt. Was er arbeitet, die Familiensituation et cetera. Bei Jürgs Bei- fahrer wurde einen Tag vor der Rallye ein- gebrochen, weshalb er absagen musste. Des- wegen bin ich nachge- rückt. Die SWC fährt Jürg schon zum wie- derholten Mal. Das
Eskalation! Nach drei Tagen schwenkt Veranstalter Dominic Müller die Zielflagge.
INFOS ZUR SCHWARZWALD WINTER CHALLENGE (SWC)
Die SWC ist eine der wenigen Winter Rallyes in Deutschland.
» Eckdaten: 1.200 Höhenmeter, mehr als 500 Kilometer Gesamtdistanz. 60 Fahrzeuge/Teams. » Die Teilnehmer müssen neben Richtzeit- und Sollzeitprüfungen auch Gleichmäßigkeits- und Geschick- lichkeitsprüfungen absolvieren. Zusätzlich gilt es, bei Orientierungsprüfungen nach Karte die richtige Route zu finden. » Für Einsteiger geeignet, die die Herausforderung suchen. » Nächster Termin: 22.–25. Januar 2026. » Nenngeld pro Team (2 Personen): 2.450 Euro. » Teilnehmerfahrzeuge dürfen nicht jünger als 20 Jahre sein. » Kontakt: Hotel Ritter Durbach im Schwarzwald, An der badischen Weinstraße/Tal 1, 77770 Durbach, Tel.: 0781/9323 -0, info@ritter-durbach.de, ritter-durbach.de
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