Mein Haus & Grund - Kleiner wohnen, größer träumen

42 STANDPUNKT

Deutschland nicht besonders aus- geprägt. Wir brauchen Politik, die genug Mut hat, den Menschen vor Ort zu sagen, dass wir sowohl im Ge- schosswohnungsbau als auch bei den Einzelhäusern nachverdichten müssen, um genügend Wohnraum zu schaffen. Die Erfahrung zeigt, dass die Menschen diesen Weg dann auch mitgehen und sich an die Veränderung gewöhnen. Oeler: Verdichtung wird in Deutschland häufig mit Risiko assoziiert, anders als in Skandinavien, wo der Nachbar nicht unbedingt als Feind gesehen wird. Blažek: Ich frage mich immer, warum in Skandinavien Baukultur und Verdich- tung so anders gedacht werden als bei uns, warum die Menschen dort so viel weiter sind. Hinsichtlich der Baukultur sind uns die Skandinavier um Lichtjah- re voraus. Sie haben deutlich dichtere Neubaugebiete mit einer höheren archi- tektonischen und homogenen Qualität, die bei uns total fehlt. Wenn wir in die Zukunft blicken, auf die Kinder? Wie sollen die ein- mal wohnen? Was legen wir heute für künftige Generationen an? Blažek: Das Rad muss nicht neu erfun- den werden. Schauen wir beispielsweise auf die Gründerzeit um 1900: Da haben die Stadtplaner und die Architekten viel richtig gemacht, denn das sind im urbanen Raum nach wie vor die beliebtesten Wohnhäuser. Und die sind in den Grundrissen relativ flexibel. Man kann ganz große Räume gestalten oder aber aufteilen. Und wir haben zudem eine attraktive Blockrandbebauung und gleichzeitig die Rückzugsmöglichkeit in die Innenhöfe. Heißt das, wenn wir wissen, woher wir kommen, wissen wir auch, wo- hin wir gehen? Oeler: Das Gründerzeit-Beispiel ist ein gutes, denn es zeigt auch, dass

den Rest des Lebens passen muss. Das ist nicht mehr der richtige Weg. Warum gibt es so viele Ein- und Zweipersonen- haushalte, die in dem Haus bleiben? Warum finden die keine gute Alterna- tive in der Nähe, ohne ihr gewohntes Umfeld verlassen zu müssen? Blažek: Die Antwort ist relativ einfach. Es gibt in der Fläche Schleswig-Holsteins keine Angebote. Es gibt wenig Woh- nungen, die barrierearm sind, und es gibt kaum Geschosswohnungsbau in ländlichen Strukturen. Und im städti- schen Umfeld sind die Eigentumswoh- nungen so teuer, dass ich beim Verkauf meines Kleinsiedlungshauses aus den 50er- oder 60er-Jahren gar nicht genug Geld bekomme, um mir eine solche leisten zu können. Im Alter zur Miete zu wohnen, passt allerdings nicht zum angestrebten Lebensmodell. Deshalb muss auch hier die Politik Antworten schaffen: Wie kann ich für eine ältere Generation Angebote an Wohnraum zur Verfügung stellen, damit diese sagt: Ja, ich ziehe jetzt gern aus meinem Haus aus. Oeler: Mangelnde Beweglichkeit im eigenen Leben ist aber ebenso ein Prob- lem. Und die Sorge vor Statusverlust.

Herausforderung, denn 80 Prozent aller Immobilien sind Ein- und Zweifamilien- häuser und 75 Prozent der Menschen haben nach wie vor den Traum vom Eigenheim. Wenn wir nun sagen, wir wollen keine neuen Flächen versiegeln und auch das Ziel der Landesregierung ernst nehmen, den Flächenverbrauch über die Hälfte zu reduzieren, stellt sich die Frage, wie wir den Gebäudebestand so attraktiv machen können, dass junge Familien nicht neu bauen, sondern stattdessen ein Bestandsgebäude für ihre Bedürfnisse zeitgemäß umbauen. Und hier sind, meiner Meinung nach, auch die Architekten gefordert, den Menschen eine Vorstellung zu geben, wie so etwas aussehen kann. Damit die sagen, oh, das sieht ja toll aus, was ihr aus dem Haus gemacht habt. Oeler: Es gibt durchaus eine Lebens- phase, da macht das Haus auf der grü- nen Wiese Sinn, wenn ich für die Kinder einfach die Tür in den Garten aufma- chen kann oder sie morgens mit dem Fahrrad in die Schule fahren können. In dieser Zeit arbeitet man auch weniger und ist heute auch flexibler, weil man dank Home-Office nicht mehr jeden Tag ins Büro fahren muss. Aber man sollte sich von dem sehr deutschen Gedanken verabschieden, dass man einmal im Le- ben ein Haus baut oder kauft, das dann

z.B. in den Lagen Lübeck, Kiel, Flens- burg, Bad Oldesloe, Bad Segeberg, Neumünster, Husum oder ähnlich. Größe ab ca. 10 WE. Wir bieten attrak- tive Kaufpreise und garantieren eine seriöse und kompetente Abwicklung. Kommen Sie einer eventuellen Steuer- änderung zuvor. Wir freuen uns auf Ihr unverbindli- ches Angebot. Informationen über uns finden Sie im Internet unter www.gustafsen.de.

der hohe Anspruch, den wir an Brand- und Schallschutz inzwischen normativ festgeschrieben haben, für ganz, ganz viele Menschen, die glücklich in ihrer Altbauwohnung leben und den Nachbarn über sich halt hören, wenn er laut singt, gar nicht das letzte Kriterium ist. Es ist nicht ver- kehrt, einfach mal zu schauen, warum bestimmte Sachen überdauert haben und warum sie auch heute noch so gut funktionieren. Blažek: Auch zum Stichwort Eigenheim gibt es gute Vorbilder in der Vergangenheit. So beliebt wie die Häuser aus der Gründerzeit sind bei den städtischen Eigenheimen die Gartenstädte, wie in Kiel in der Hansastraße oder im Philosophenviertel. Die stammen aus den 30er-Jahren, sind fast 100 Jahre alt und noch immer hochattraktiv. So könn- te vielleicht auch das Eigenheim der Zukunft aussehen: Zwar relativ verdichtet, aber immer noch auf der eigenen Minischolle. <<

Blažek: Veränderungsaffinität ist in

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