4 – GEHEIMTIPPS-EDITION | HINTER DEN KULISSEN
HINTER DEN KULISSEN | GEHEIMTIPPS-EDITION – 5
WIE KOMMEN DIE WEINE IN DEN KELLER? HINTER DEN KULISSEN Es gibt kaum wichtigere Entscheidungen im Weinhandel als die, wie das Sorti- ment erweitert werden soll. Neulistungen sind schwierige Angelegenheiten. Wie schwierig, erklärt Geschäftsführer Andreas Brensing im Interview. WAS MÜSSTEN WINZERINNEN UND WINZER TUN, UM IHRE WEINE IM KÖLNER WEINKELLER ZU FINDEN? ANDREAS: Einfach gute, tolle, einmalige Weine machen... (lacht). Nein, leider gibt es viele Winzer die tolle Weine machen, die wir (noch) nicht im Sortiment haben; der Keller ist zwar groß aber nicht endlos. NACH WELCHEN KRITERIEN NEHMT IHR DENN WINZER AUF? ANDREAS: Das ist sehr komplex, manchmal bin ich er- staunt, wie schwer wir uns das machen, aber wir wollen mit den Winzern ja auch langfristig arbeiten. Erst einmal muss das Weingut natürlich zu uns und unserem Sorti- ment passen. Das hat natürlich auch eine persönliche Ebene, aber wichtig ist: Was haben wir schon im Keller, was benötigen wir noch, was passt noch rein?
UND DIE QUALITÄT DER WEINE? ANDREAS: Ist am Ende natürlich das Entscheidende. Wir machen große Blindproben für unsere Listungen. Da werden Morgens um 9:00 Uhr schon einmal 100 Weine verschiedener Winzerinnen und Winzer ver- kostet und nach einem komplexen Schema bewertet. Dabei spielt nicht nur die absolute Qualität eine Rolle, sondern auch das Thema an sich. Natürlich hat ein Every-Day-Prosecco ein anderes Anforderungsprofil als ein Vintage Champagner. DAS HÖRT SICH NACH GROSSEM SPASS AN. ANDREAS: Ist es aber nur begrenzt. 50-100 Weine an- hand von jeweils ca. 15 Kriterien bewerten, da ist dann auch nicht immer nur “großes Kino” im Glas. Danach wird alles noch ausgewertet und besprochen. Also alle "Nicht-Profis", die mal dabei waren, haben nachher den Kopf geschüttelt und gesagt: „Nie wieder“... ABER DANN HAB ICH ES ALS WINZER GESCHAFFT? ANDREAS: Nicht unbedingt. Wir machen uns vor- her schon Gedanken, wen wir überhaupt mit in den Listungsprozess aufnehmen. Aber danach reden wir natürlich noch einmal mit dem Erzeuger. Was sind seine Zukunftspläne, hat er eine vernünftige Strategie, einen wertigen Vertrieb, wir fahren natürlich bei ihm vorbei und schauen, wie produziert der, stimmt die Chemie zwischen uns. Und am Ende, sind wir ja nicht nur Weinliebhaber, sondern auch Kaufleute. Daher stellen wir uns natürlich die Frage: Können wir damit Geld verdienen? DAS WAR ES ABER ... ? ANDREAS: Nun ja, verkehrsfähige Etiketten wären noch ein Thema. Da musst Du mal unser Category Manage- ment drauf ansprechen, bitte behutsam. "13,8% Alc by
Vol" oder die Sulfitwarnung nur auf Englisch geht leider gar nicht, das zieht die Weinkontrolle direkt aus dem Verkehr und rechtlich ist das eben auch kein Kavaliers- delikt. Erklär' das mal einem kleinen, französischen Winzer, da sind die Kontrollen etwas "kulanter", da zeigen einem die Winzer schon mal einen Vogel. Hilft aber nix... ALSO WENIG PLATZ FÜR SPONTANEITÄT? ANDREAS: Wir wollen sicher sein, dass die Weine zu uns passen und unser Sortiment bereichern. Hire and Fire im Sortiment mögen wir nicht. Schließlich ist Wein ein langsames und sehr persönliches Produkt, das spiegelt sich auch in unserer Sortimentspolitik wider. UND WIE VERHÄLT ES SICH MIT ENTDECKUNGEN? ANDREAS: Entdeckungen und ein sorgfältiger Listungs- prozess widersprechen sich ja nicht. Manchmal entdeckt man auch was per Zufall, wenn man unterwegs ist. So zum Beispiel Clot de l'Oum das haben wir in einer Wein- bar in Perpignan entdeckt oder Paolo Brunello mit Vig- nale de Cecilia, das war ein echter Zufallstreffer*. Nach zwanzig Jahren hat man ja auch so seine Erfahrungen...
* Die Entdeckung des Weinguts Vignale di Cecilia können Sie in unserem Wein-Brevier "Eine italie- nische Reise" aus dem Jahr 2019 nachlesen. www.koelner-weinkeller.de/weinbrevier-archiv/
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SEPTEMBER 2022
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