Z! Das Zukunftsmagazin | Ausgabe 2/2023

Z! Das Zukunftsmagazin im Interview mit JSusanneTrunk

das bestehende Personal mithilfe von Weiterbildungen für neue Aufgaben zu befähigen und sie gleichzeitig auch einen Anreiz zum Bleiben schaffen können. Wei- terbildung ist nämlich durchaus auch ein Faktor für die Arbeitgeberattraktivität. Welche Rolle spielt die Demographie hinsichtlich der Weiterbildungsbemühungen der Unternehmen? Für viele Unternehmen stellt sich die Frage: Was ist der bessere Weg? Die vorhandene Belegschaft wei- terzubilden, dass diese die in Ruhestand gehenden KollegInnen ersetzen können, oder der „Zukauf“ von Fachkräften. Auch stellt sich im Weiterbildungskontext die Frage, wie das Wissen der „alten Hasen“ gesichert und bewahrt werden kann, damit die jungen darauf zugreifen können. Hierzu entwickelt sich aktuell im Rahmen des Weiterbildungsverbunds ein interessantes Projekt im Bereich Wissensmanagement. Strukturwandel erfordert Weiterbildung – nicht zuletzt, da dadurch Berufsbilder verschwinden und neue ent- stehen.WelcheTrends erkennen Sie in diesem Bereich? Unternehmen, die mit dem radikalen Strukturwandel konfrontiert sind, haben oft andere Sorgen als die Wei- terbildung ihrer Leute. Landen diese in denTransfer- maßnahmen ist dies natürlich ein großesThema. Welche Rolle spielt der Wandel im Sinne von New Work/moderne Arbeitswelt im Kontext Weiterbildung? Hier schätze ich es so ein, dass die Firmen selbständig im Weiterbildungsmarkt unterwegs sind. In meinen Beratungen spielen die Veränderungen der Arbeitswelt im Sinne von New Work keine so große Rolle. Viel- leicht kommt das aber noch in den nächsten Jahren. Auch Weiterbildungsformate sind im Wandel – wie sehen Sie Empfehlungen der modernen Lernpsycholo- gie wie die 70-20-10-Regel? Sind klassische Weiterbil- dungsformate überhaupt noch vonnöten? Die Individualisierung der Weiterbildung ist auf jeden Fall einThema. Was brauchen dieTeilnehmenden an Inhalten? Auf welche Art des Lernens sprechen sie an? Wie viel Zeit können sie erübrigen? Dazu wäre tatsäch- lich eine Art Profiling im Sinne von Learning Personas von Vorteil, damit die Formate darauf angepasst wer- den können. Meist steige ich als Beraterin aber bereits nach der Recherche und der Vermittlung an die Partner aus dem Prozess aus. In der weiteren Begleitung der Weiterbildungsteilnehmenden ist ein solches Vorgehen aber sicher ein wichtiger Aspekt. Wie geht man mit Menschen um, die ihren Weiterbil- dungsbedarf nicht wahrhaben wollen? Eventuell ihre Beschäftigung bis zur Rente aussitzen wollen? Wie kann man diese Menschen motivieren? Tatsächlich gibt es solche Menschen. Wenn es das Unternehmen zulässt, versuche ich dann in einem offenen Gespräch mit dem Mitarbeitenden herauszu-

Programm, das auf ihre Herausforderungen maßge- schneidert ist, gemeinschaftlich nutzen, können zum einen Kosten durch die Skalierung eingespart werden und dieTeilnehmenden durch das Peer-to-Peer-Lear- ning auch voneinander profitieren. Was kann dieser Weiterbildungsverbund leisten? Gibt es schon erste Best Practice Beispiele? Unser Weiterbildungsverbund ist noch recht jung, in- sofern gibt es noch keine Musterbeispiele aus unserer Initiative. Man kann jedoch sagen, dass es bei einigen Firmen in unserer Region einen Mangel an bestimm- ten Handwerksberufen gibt. Derzeit sind wir dabei, hierfür einen Verbund zu organisieren, der im Herbst starten soll, und für den wir aktuell noch weitere Inter- essenten zu akquirieren versuchen. Welche Rolle haben Sie im WVU? Ähnlich wie als Weiterbildungsinitiatorin bin ich erste Anlaufstelle für die Unternehmen und Beschäftigten. Ich vermittle dann an die jeweiligen Verbundpartner. Unter anderem gibt es eine Hotline und Sprechstun- den für Unternehmen und Beschäftigte. Generell ist meine Aufgabe, Weiterbildungsbedarfe zu identifizie- ren, auf der Nachfrageseite zu bündeln und das Know- how der Region zu nutzen. Und natürlich die Weiterlei- tung an die jeweiligen Partner, die ein entsprechendes Angebot vorhalten. Was halten Sie von der Forderung nach einem Chief Qualification Officer, sprich: Weiterbildungsbeauftrag- ten? Für welche Unternehmen ist das sinnvoll? Sicherlich gibt es Bedarf, dasThema Weiterbildung strukturiert im Unternehmen anzugehen. Und da wäre es natürlich gut, wenn sich jemand kümmert. Kleine und mittlere Unternehmen sind jedoch vermutlich mit der Aufgabe überfordert. Wer soll das „on-top“ leisten? In großen Unternehmen ist das im Grunde Aufgabe der Abteilung Personalentwicklung. Je nach Einstellung im Unternehmen läuft es jedoch meist nur auf das Nötigste hinaus. Ob man das über einen durch Gesetzgebung vorgeschriebenen Weiterbildungsbe- auftragten lösen könnte, sei dahingestellt. Insofern ist die Forderung zwar nachvollziehbar, aus meiner Sicht jedoch etwas hochgegriffen. Wo sehen die Unternehmen selbst Weiterbildungsbe- darf? Alle sprechen davon, doch eine einheitliche Linie ist nicht erkennbar. Für viele Unternehmen spielt Weiter- bildung im konkreten Alltag eine untergeordnete Rolle. Stattdessen fokussiert man auf dieTatsache, keine Auszubildenden und MitarbeiterInnen zu finden. Und gerade die KMUs sagen, dass ihnen die Leute weg- laufen und sie keine neuen einstellen können. Vielfach werden die Kosten für Weiterbildung als Hemmnis angeführt. Dabei vergessen die Unternehmen, dass die Kosten für neue Mitarbeitende ungleich höher sind als

Z! Das Zukunftsmagazin | Ausgabe 2/2023

37

Made with FlippingBook - Share PDF online