STANDPUNKT
Wettbewerbsfähigkeit ist abgestürzt
D eutschland war laut Economist Ende der 1990er Jahre der kranke Mann Europas. Durch mutige Reformen und die Tatkraft der Unternehmen hat dieses Land Wettbewerbsfähigkeit wiedergewon- nen und einen langen Aufschwung erlebt, der uns resilient für die Krisen in den 2000er Jahren gemacht hat. Solch einen Aufbruch brauchen wir jetzt wieder – und zwar durch eine „Wirtschaftspolitische Agenda 2030“. Denn die Wettbewerbsfähigkeit des Stand- orts Deutschland hat durch schlechte Rahmenbedingungen sukzessive nachge- lassen und ist in der vergangenen Perio- de geradezu abgestürzt! Dies bestätigen internationale Standort-Rankings wie das renommierte IMD Institute Lausanne (World Competitiveness Center). Im aktuellen Standortindex des ZEW in Mannheim, der 21 wichtige Industriestaa- ten vergleicht, sind wir von Platz 14 auf den 18. Platz abgerutscht. Das ist schlimm. Katastrophal ist, dass die deutschen Rahmenbedingungen in den wichtigsten Disziplinen versagen: • Energiekosten: Platz 18 • Arbeitskosten und Arbeits- markt: Platz 19 • Regulierung: Platz 19 • Steuerbelastung: Platz 20 von 21
Die Versäumnisse und Fehler der Politik der vergangenen Jahre kumulieren sich und verdichten sich mit neuen Herausfor- derungen wie dem russischen Überfall auf die Ukraine und dessen Folgewirkungen zu einer hochkomplexen Problemlage. Hinzu kommt die Politik der Ampelkoalition, die in der Kritik steht. Täglich werden in den Unternehmen so Investitionsentscheidungen getroffen, die unter den aktuellen Bedingungen gegen den Standort ausfallen. Um es zugespitzt zu sagen: Die großen Unternehmen ver- lagern, die mittleren verkaufen und die kleinen schließen. Wandern Unternehmen ab, droht perspektivisch auch der Verlust von Wertschöpfung bei deren Kunden. Summieren sich solch Entscheidungen, überschreitet der Standort einen Kipp- punkt mit irreversiblen Schäden. Die Politik muss daher mit der geforderten „Wirtschaftspolitischen Agenda 2030“ an erster Stelle die Komplexität von Wirtschaft verstehen und berücksichtigen. Wirtschaft funktioniert wie ein Ökosystem. Alles hängt mit allem zusammen und ist so ge- sehen systemrelevant. Das Problem sind daher politische Eingriffe, die diese Zusammenhänge
Dieser Text ist ein Aus - zug aus den Statements von IHK-Präsident Manfred Schnabel am 12. Juli beim IHK-Pres - segespräch und dem IHK-Sommerfest. Beide Texte finden Sie unter ihk.de/rhein-neckar/ praesident
Wir brauchen dringend eine „Wirtschafts- politische Agenda 2030“!
und Wechselwirkungen nicht berücksichtigen und so mas- siv und dauerhaft Schaden anrichten.
Manfred Schnabel Präsident der IHK Rhein-Neckar
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IHK Magazin Rhein-Neckar 05 | 2023
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