lhb-ansichtsexemplar-2021

Vor 75 Jahren: In Karlsruhe erscheint erstmals nach Kriegsende wieder eine freie Zeitung Noch heute ohne Konkurrenz: die Badischen Neuesten Nachrichten VON LUDGER SYRÉ A ls am 8. Mai 1945 die bedingungslose Kapitulation in Kraft trat, endete für Deutschland nicht nur der Krieg, sondern auch die Diktatur des Dritten Reiches. In den Tagen und Wochen zuvor waren die letzten nationalsozialistischen Blätter erschienen, meist nur mit einem Umfang von wenigen Seiten. Viele deutsche Tageszeitun- gen hatten nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten ihr Er- scheinen einstellen müssen; andere hatten, politisch gleichgeschaltet, noch mehrere Jahre weiterleben können, bis der kriegsbedingte Pa- piermangel auch sie zum Aufgeben zwang. Da bei Kriegsende auch der Rundfunk und die Post ihre Tätigkeiten einstellten, war die Bevölkerung kurzzeitig von jeglicher Information abgeschnitten. Fast schien die Situation jener Zeitspanne zu ähneln, für die der Namensgeber unseres Kalenders, die Figur des Hinkenden Boten steht, also einer Epoche, in der Neuigkeiten ausschließlich mündlich verbreitet wurden. So war es wohl auch unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, als mündliche Berichte heimzie- hender Soldaten, Flüchtlinge und entwurzelter Menschen die einzi- gen Informationsquellen waren. Die Besatzungsmächte wandten sich an die einheimische Bevölke- rung anfangs per Plakataushang. Wenig später verbreiteten sie unter der deutschen Zivilbevölkerung ihre Anordnungen und Maßnahmen mit Hilfe von Mitteilungsblättern. Die von der Militärregierung heraus- gegebenen Heeresblätter standen im Zeichen des Reeducation-Pro- gramms und wurden wegen der Umerziehungsabsicht von manchen Deutschen mit Misstrauen gelesen. Die von kommunalen deutschen Stellen besorgten Blätter durften keinen Zeitungscharakter haben und hatten sich selbstverständlich politischer Informationen und Kommentare zu enthalten.

Lahrer Hinkender Bote 2021

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