Die Rotlichtgröße Margarete Reinhardt prägte zwei Jahrzehnte lang das Nachtleben in Karlsruhe Ihr Name stand für die Sünde
VON EVA KLINGLER UND WOLFGANG WEGNER
In Karlsruhe war sie eine Legende, und noch heute legt sich ein feines Schmun- zeln der Erinnerung auf die Gesichter älterer Karlsruher, wenn man ihren Na- men erwähnt: Margarete Reinhardt. Doch ein Gentleman genießt bekannt- lich und schweigt. D ie legendäre Karlsruher Rotlichtgröße prägte zwei Jahrzehnte lang das Leben der Nacht in Karlsruhe. Zwischendurch und zu ihren Glanzzeiten besaß sie mehrere Etablissements in der Stadt – und ein weiteres in Bretten. Ihr Name stand für die Sünde, für die ers- ten Nackttänzerinnen in der einigermaßen biederen Beamtenstadt Karlsruhe und für bunte gewagte Spektakel auf den Bühnen ihrer Lo- kale. Für Skandale allerdings stand ihr Name nicht. Sie trank nicht, sie rauchte nicht und ihre Rechnungen bezahlte die bodenständige Che- fin pünktlich und oft in bar. Doch werfen wir einen Blick auf den Werdegang dieser Karlsruher Persönlichkeit, die weder Heilige noch Hure war, sondern irgendetwas dazwischen. Geboren wurde Margarete Reinhardt 1909 als Margarete Hessel- bach in Bibergau bei Würzburg. Anders als die Frankfurter Lebedamen Rosemarie Nitribitt und Helga Matura, die beide frühen Missbrauch erlebt hatten, stammte Margarete aus einer eher bürgerlichen katholi- schen Familie des kleinen Beamtentums. Ihre Mutter starb bei der Ge- burt, die zahlreichen Geschwister und sie selbst wurden von einer Stiefmutter erzogen; die Schwestern heirateten, die Brüder ergriffen solide Berufe. Nur Margarete schien sich für einen anderen Lebensweg zu entscheiden. Der Spruch »Ich will«, der in ihrem Klassenzimmer hing, wurde ihr Wahlspruch.
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