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Schließlich möchte man wissen, wofür man das ganze Jahr gearbeitet hat. Zum neuen Wein werden Kastanien gereicht. »Neuer Win und Ke- schde«, das gilt als Spezialität an den dunklen Herbstabenden. Die Weinbauern haben meist Waldbesitz in einer Größenordnung von 5 bis 6 Hektar. Bei den Baumarten dominiert die Esskastanie. Sie dient der Reb- und Brennholzgewinnung. Kastanienholz ist leicht zu spalten und ohne Imprägnierung lange haltbar. Das ist die Zeit, in der man hier die Verehrung des heiligen Wende- lin begeht. Er gilt als Schutzherr des Bauernstandes und des Viehs. Die Legende besagt, dass der heilige Wendelin ein irischer Königssohn ge- wesen sei. Um Gott zu dienen, verschmähte er Geld, Macht und Ruhm. Als Einsiedler lebte Wendelin im Raum Trier. Getadelt wegen seines Müßigganges, wurde er Hirte. Wider seinen Willen machten ihn die Mönche des Klosters Tholey zu ihrem Abt. Als er im Jahr 617 starb, be- grub man ihn in Basonis Villare, dem heutigen St. Wendel. Zentrum der Ortenauer Wendelinsverehrung ist eine Kapelle in den Rebbergen zwischen Herztal und Bottenau. Ihre Ersterwähnung geht auf das Jahr 1591 zurück. Als die Ortenau von schweren Viehseu- chen heimgesucht wurde, ersetzte man die ursprüngliche Hofkapelle 1756 durch das heutige Kirchlein im Rokokostil. Die Wendelinswall- fahrt begann am 20. Oktober und dauerte eine Woche. Pilger aus Ba- den und dem Elsass kamen. Ein Chronist aus dem nahe gelegenen Ebersweier schrieb im 18. Jahrhundert: »Es war fast noch dunkel, als

Die Prozession wird von einem berittenen Pfarrer und dessen Minist- ranten, ebenfalls hoch zu Ross, angeführt.

Lahrer Hinkender Bote 2021

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