beyond 01 | 2025

IM FOKUS – Junge Zivilgesellschaft unter Druck

Was brauchen Jugendorganisationen? beyond: Es gibt kritische Stimmen, die sagen, dass Jugendbeteiligung unter den Bedingungen des Kriegs- rechts nicht wirklich möglich ist. Was denkst du darüber? Natalia Shevchuk: Ich stimme dieser Aussage teilweise zu. Aufgrund des Kriegsrechts gibt es keine Möglichkeit, Wahlen abzuhalten, daher ist politische Partizipation überhaupt nicht möglich. Andererseits steht Freiwilligen- arbeit ganz oben auf der Agenda der Regierung. Diese einfache Form der Beteiligung funktioniert, ermöglicht es jungen Menschen, die Dinge selbst in die Hand zu neh- men und zu erkennen, dass sie etwas bewirken können. Andere Dinge sind schwieriger, zum Beispiel die Konfe- renzen und Programme für den Wiederaufbau der Ukra- ine. Junge Menschen wurden nicht gehört, obwohl wir Ju- gend-NGOs wie „BUR – Building Ukraine Together“ 6 und „Brave to rebuild“ 7 haben, die den Wiederaufbau bereits praktizieren und von Zeit zu Zeit vom Staat zu einigen der Konferenzen eingeladen werden. Das muss man kritisch sehen, aber es hat nichts mit Kriegsrecht zu tun. Denn komplexere Formen der Partizipation auf partnerschaft- licher Ebene erfordern den politischen Willen, Räume für eine sinnvolle Konsultation mit jungen Menschen und ei- nen Dialog zu schaffen, in denen ihre Stimmen nicht nur gehört, sondern auch in Entscheidungsprozessen prak- tisch eingebunden werden.

beyond: Was brauchen Jugendorganisationen, um wirksam handeln zu können?

Natalia Shevchuk: Sie brauchen institutionelle Unter- stützung, Ressourcen und professionelle, bezahlte Mit- arbeitende, um eine nachhaltige und effektive Jugend - beteiligung zu gewährleisten. Schließlich muss man von irgendetwas leben, und wer glaubt, dass alles auf frei- williger Basis gemacht werden kann, öffnet eine neue Tür für Korruption. Wir brauchen auch mehr Dialog mit Partnern in Europa, damit wir Erfahrungen austauschen und voneinander lernen können. Es wäre wichtig, unse- re Arbeit zu professionalisieren. Die Universität in Lutsk hat jetzt ein erstes Ausbildungsprogramm dafür aufge- legt – einen Masterstudiengang für den Schwerpunkt „Jugendarbeit“. Wir haben eine kleine Vereinigung von Jugendarbeiter*innen in der Ukraine – etwa 50 Perso- nen. Für sie und andere NGOs wären Verbindungen nach Europa wichtig. Eine Langfassung dieses Interviews fin - den Sie auf www.ijab.de.

Kontakt Natalia Shevchuk

war von Dezember 2021 bis April 2025 Vorsitzende des Nationalen Jugendrats der Ukraine (National Youth Council of Ukraine) Mail: shevchuk.nathalia@gmail.com

6 Webseite der NGO Building Ukraine Together: https://www.bur.org.ua/en/ 7 Webseite der NGO Brave to rebuild: https://bravetorebuild.in.ua/

14

Made with FlippingBook - Online catalogs