beyond 01 | 2025

IM FOKUS – Junge Zivilgesellschaft unter Druck

beyond: Ihr wollt das ändern. Gibt es Versuche der politischen Einflussnahme auf euch oder andere Jugendstrukturen?

aus Parteien des mitte-rechten und rechten Spektrums und beschäftigt sich mit „kroatischer Identität“ und „guten Jobs für Familien“ – nicht mit Jugendpolitik. In Sachen Familienpolitik hat die die Regierung tatsächlich viel getan, das muss man anerkennen – etwa Verbesserungen bei der Elternzeit oder beim Ausbau der Kinderbetreuung. Aber das reicht nicht. Das Thema Korruption wird überhaupt nicht oder nur auf äußeren Druck durch kritische Medienberichterstattung angesprochen und wir erleben immer wieder Skandale. Am Ende stellen sich junge Menschen die Frage, in was für einer Gesellschaft sie leben möchten und dann erscheint vielen das europäische Ausland attraktiver. Marin Capan: Es ist auch eine Frage der Werte. Traditio- nelle Werte, Wohnungen für Familien, Kinder bekommen – nicht alle jungen Menschen finden sich in dieser Rhetorik wieder. Das führt zu Misstrauen gegenüber Institutionen. Wenn junge Menschen ihre Zukunft nicht in Kroatien sehen oder finden, weil sie nicht wirklich sie selbst sein können, wird kein Arbeitsplatz und keine Politik sie hier halten. Schwierige Rahmenbedingungen für Jugendarbeit beyond: Marin, du hast die geringe Bereitschaft zu freiwilligem Engagement angesprochen. Welche Auswirkungen hat das auf euch als Jugendnetzwerk? Marin Capan: Ich bin im Lauf der Jahre in einigen Jugend- organisationen Mitglied gewesen und bin es noch. Meiner Erfahrung nach ist es so, dass unter den gegebenen Be- dingungen junge Menschen zwar bereit sind, sich zu en- gagieren, aber sie tun es nur für einige Stunden, nicht für Wochen, Monate oder langfristig. Das sorgt für ständige Fluktuation in den Organisationen. Diejenigen, die wirk- lich etwas bewegen wollen, die sich für ein Herzenspro- jekt engagieren wollen, finden keine Mitstreiter*innen. Dadurch haben junge Menschen keine starke Stimme im Land und im öffentlichen Raum. Sie machen nicht genug nicht-formale Lernerfahrungen in einem jugendfreundli- chen Umfeld – wodurch sie folglich weniger Möglichkei- ten haben.

Marin Capan: Wir haben Jugendräte auf der kommuna- len Ebene, aber die sind näher an den Stadtverwaltungen als an jungen Menschen, obwohl sie den Titel Jugend im Namen führen. Wer eine Jugend-NGO gründet oder sich ihr anschließt begibt sich auf ein schwieriges Terrain, was Kontinuität und Finanzierung angeht. Es ist eher eine Fra- ge schwieriger Rahmenbedingungen als eine Frage direk- ter Einflussnahme.

beyond: Was müsste sich ändern?

Josip Miličević: Es gibt Dinge, die ganz einfach zu ändern wären, wenn sie politisch gewollt wären. Z. B. Partizipation und Jugendinformation, indem man jun- ge Menschen in Entscheidungsprozessen direkt betei- ligt und Jugendorganisationen. Es gibt sogar Gesetze dafür, aber sie werden ignoriert und für die politischen Entscheidungsträger*innen bleibt das ohne Konsequen- zen. Aber wir sind eine normale Demokratie und daher sind Veränderungen möglich. Die jüngsten Proteste in Serbien haben uns zudem daran erinnert, dass junge Menschen auch rebellisch sein können.

Kontakt Josip Miličević Marin Capan Mreža mladih Hrvatske / Kroatisches Jugendnetzwerk https://mmh.hr Mail: info@mmh.hr

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