beyond 01 | 2025

IM FOKUS – Junge Zivilgesellschaft unter Druck

Schwindende Unterstützung

Alice Bergholtz

Starker Gegenwind für Schwedens Jugendorganisationen

Schwedische Jugendorganisationen blicken auf eine lange Geschichte zurück, in der sie nicht nur Unterstützung, sondern auch Vertrauen genossen. Sie haben dazu beigetragen, Debatten zu gestalten, neue Generationen von Bürger*innen heranzuziehen und Brücken zwischen jungen Menschen und Entscheidungstragenden zu bauen. Doch heute sind sie – wie viele andere in Europa – mit finanziellen Zwängen, einem raueren politischen Klima und einer zunehmenden Bedrohung der grundlegenden Versammlungsrechte konfrontiert. Der Raum für die Teilhabe junger Menschen wird immer enger, sowohl durch Budgetkürzungen als auch durch gezielte Attacken auf Jugendorganisationen und ihre Vertreter*innen.

In Schweden hat sich in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung vollzogen, die sich deutlich in der öffentli - chen Debatte und in den Prioritäten der Regierung wider- spiegelt. Seit der Lancierung eines neuen gemeinsamen politischen Programms der schwedischen Rechtskoaliti- on im Jahr 2022 werden junge Menschen hauptsächlich als gesellschaftliche „Problemgruppe“ beschrieben, die mit Strategien zur Kriminalitätsprävention und härte- ren Strafen in Verbindung gebracht wird 1 – und nicht als aktive Bürger*innen oder Mitgestalter*innen der Gesell- schaft. Gleichzeitig gibt es einen besorgniserregenden Trend zur Diskreditierung zivilgesellschaftlicher Organisatio- nen und ihrer Vertreter*innen. Seit Januar 2025 müs- sen Organisationen, die staatliche Fördermittel bean- tragen, neue „Demokratieanforderungen“ erfüllen und demokratische Werte vor allem durch die Vorlage von Strategiepapieren nachweisen. Diese Auflagen verfolgen

scheinbar eine positive Absicht, aber viele warnen davor, dass sie kleineren, oft ehrenamtlich geführten Organi- sationen zusätzlichen Verwaltungsaufwand aufbürden und sie von der Jugendarbeit ablenken. Andere Beispie- le für die Diskreditierung junger Menschen sind offen - sichtlicher. Eine Umfrage des LSU, des nationalen Rats der schwedischen Kinder- und Jugendorganisationen, aus dem Jahr 2020 ergab, dass 46 % der Vertreter*innen von Jugendorganisationen Hass und Drohungen erlebt haben. Die Stimmen junger Menschen werden von Erwachsenen diskreditiert, verunglimpft und gehasst, nur weil sie jung sind. Die Finanzierung ist eindeutig ein weiterer Bereich, in dem der Handlungsspielraum für zivilgesellschaftliche Jugendorganisationen rapide schwindet. Während die Abhängigkeit der Jugendorganisationen von befriste- ten staatlichen Fördermitteln allmählich zugenommen hat, läuft die 2019 eingeführte befristete Finanzierung

1 24 von 25 Erwähnungen des Begriffs „Jugendliche“ (schwedisch: unga) beziehen sich auf die Bekämpfung krimineller Aktivitäten unter Jugend - lichen. Allerdings ist der Begriff „Jugend“ in Schweden nicht gesetzlich definiert und verschiedene staatliche Stellen verwenden 24, 25 oder 30 Jahre als obere Altersgrenze. Einige Formulierungen des Tidö-Abkommens [Anm. d. Red.: Regierungsabkommen in Schweden vom 14. Oktober 2022] beziehen sich auf „Jugendliche unter 18 Jahren“, die Altersgruppe wird jedoch größtenteils nicht definiert.

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