beyond 01 | 2025

EDITORIAL

Liebe Leser*innen, Mit dem Erstarken rechtspopulistischer Parteien in Europa und der zunehmenden Verfestigung autokratischer Systeme weltweit wächst das Be- wusstsein dafür, dass Demokratie und Freiheit keine Selbstverständlichkeiten sind. Langjährige internationale Bündnisse geraten durch die außen- politische Ausrichtung der Trump-Administration ins Wanken. Auch in Deutschland steht die demo- kratische Grundordnung unter Druck – nicht zuletzt durch den zunehmenden politischen Einfluss der AfD, die vom Verfassungsschutz als rechtsextremis­ tischer Verdachtsfall eingestuft wird. Den Lern- und Handlungsräumen für eine frei- heitliche und demokratische Gesellschaft kommt daher eine Schlüsselrolle zu. Jugendorganisatio- nen bieten jungen Menschen die Möglichkeit zur Selbstorganisation – ein wesentliches Element politischer Bildung und demokratischer Teil- habe. Das breite Feld der Jugendarbeit schafft Räume, in denen junge Menschen sich selbstbe- stimmt erproben und wichtige Erfahrungen für ein friedliches, solidarisches Zusammenleben sammeln können. Ein bedeutender Bestandteil ist die Internationale Jugendarbeit: Sie eröffnet Begegnungen über Grenzen hinweg, fördert in- terkulturelles Verständnis und macht Vielfalt als Bereicherung erfahrbar. In einer zunehmend in- stabilen Weltlage, in der sich liberale Demokra- tien zurückziehen und autoritäre Gesellschafts- modelle an Einfluss gewinnen, ist diese Arbeit wichtiger denn je. Doch Jugendstrukturen stehen unter erhebli- chem Druck und „shrinking spaces“ für die jun- ge Zivilgesellschaft sind ein globales Phänomen. Deshalb haben wir Menschen aus ganz Europa und darüber hinaus zu Wort kommen lassen – in Gesprächen und Gastbeiträgen. Ihre Stimmen zeichnen ein eindrucksvolles, aber auch beunru- higendes Bild: In Belarus wird bereits der leiseste Hauch von Opposition kriminalisiert. In Georgien geraten Jugendorganisationen unter Druck und werden als „ausländische Agenten“ diffamiert. Und in anderen Ländern stehen junge Menschen unter dem Einfluss rechtspopulistischer Ideologi -

en, die ihre Lebensrealitäten abwerten und ihnen das Recht absprechen, als Generation politisch gehört zu werden. Doch all das ist nur die sicht- bare Spitze des Eisbergs. Vielerorts fehlt es an öffentlicher Unterstützung – Fördermittel werden gestrichen, Einrichtungen geschlossen und Ju- gendorganisationen gezwungen, ihre Arbeit ganz aufzugeben. Gleichzeitig begegnen wir jungen Menschen, die inmitten von Krieg, Repression und Unsicherheit eine beeindruckende Resilienz zeigen – gerade dort, wo die Lage am aussichtslosesten erscheint: in der Ukraine und in Belarus. Die unabhängi- gen belarusischen Jugendorganisationen führen ihre Arbeit aus dem Exil fort, unbeirrt vom Druck des Regimes. Und in der Ukraine gestalten junge Menschen trotz allem aktiv die Zukunft ihres Lan- des mit – entschlossen, sich ihr Recht auf Mitbe- stimmung nicht nehmen zu lassen. Ihr Mut und ihr Engagement sind mehr als nur ein Zeichen der Hoffnung. Sie sind ein Aufruf an uns alle, Demo­ kratie und Jugendbeteiligung entschlossen zu ver- teidigen und solidarisch zu stärken. Diese Ausgabe von beyond ist erstmals als ge- meinsame Produktion von IJAB und dem Deut- schen Bundesjugendring entstanden – aus gutem Grund. Angesichts weltweit schrumpfender Hand- lungsspielräume für junge Zivilgesellschaft und Jugendarbeit setzen wir damit ein gemeinsames Zeichen der Solidarität, der Aufmerksamkeit und der Hoffnung auf eine offene, demokrati - sche Zukunft, in der junge Stimmen gehört und gestärkt werden.

Daniel Poli, Direktor von IJAB

Wendelin Haag, Vorsitzender des DBJR

Ihr Daniel Poli

Ihr Wendelin Haag

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