beyond 01 | 2025

IM FOKUS – Junge Zivilgesellschaft unter Druck

Haltung statt Resignation

Pia Kamratzki, Lars Reisner, Björn Schreiber

Jugendverbandsarbeit unter (rechtem) Druck „Ohne Demokrat*innen keine Demokratie“ – eine kompakte These mit viel Gehalt. Doch wie lässt sich sicherstellen, dass junge Menschen zu Demokrat*innen werden? Wie lässt sich sicherstellen, dass sie Demokratie nicht nur abstrakt durch formale Bildungsprozesse zu beschreiben lernen, sondern tat- sächlich erleben und erlernen?

Jugendverbände und -ringe bieten als „Werkstätten der Demokratie“ 1 vor Ort für junge Menschen diese Freiräu- me und sind Ausdruck einer demokratischen Selbstor- ganisation junger Menschen. Die Jugendverbandsarbeit erfüllt auch gemäß ihres gesetzlichen Auftrags nach § 12 SGB VIII zwei zentrale Funktionen in einer demokrati- schen Gesellschaft: Sie bietet Lern- und Erfahrungsräu- me, in denen junge Menschen demokratische Verfahren praktisch erleben können. Sie macht deren Interessen sichtbar und bringt sie in politische Diskurse ein. Doch genau diese wichtigen Funktionen geraten zunehmend unter Druck. Hürden für eine gelingende Jugendverbandsarbeit In mehreren Bundesländern – etwa in Sachsen-Anhalt, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern 2 – werden derzeit Kürzungen in der Jugend(verbands)arbeit diskutiert. Die- se Debatten setzen Träger und Jugendverbände unter

ständigen Rechtfertigungsdruck. Geplante Einschnitte gefährden die Qualität und Vielfalt der Angebote – und damit zentrale Räume demokratischer Bildung. Jugend- verbände vermitteln jungen Menschen gesellschaftlich relevante Fähigkeiten. Ihr Rückbau untergräbt die Basis einer demokratischen Kultur, was angesichts wachsen- der Demokratiefeindlichkeit und Rechtsextremismus bedenklich ist. Mit den Kürzungen geht häufig ein Personalabbau ein - her. Zugleich leidet die Jugendverbandsarbeit unter akutem Fachkräftemangel, insbesondere im ländlichen Raum. Hohe bürokratische Hürden und starre Förderbe- dingungen erschweren zusätzlich die Arbeit. Dies führt nicht selten zum Rückzug ehrenamtlich Engagierter und destabilisiert kritische zivilgesellschaftliche Strukturen. Mit dem Wegfall außerschulischer Angebote und Projek- te verlieren marginalisierte Jugendliche wichtige Zugän- ge zu gesellschaftlichem Leben.

1 Position der DBJR-Vollversammlung „Werkstätten der Demokratie – politische Bildung von Jugendverbänden und Jugendringen stärken und schützen“ https://www.dbjr.de/artikel/politische-bildung-staerken-und-schuetzen 2 Vgl. u.a. Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt (2024): Geringe Einsparungen bei maximalem Schaden für junge Menschen; GEW (2025): Kahlschlag auf Kosten der Zukunft; Stadtjugendring Greifswald (2024): Jugend- und Vereinsarbeit verlässlich fördern – Appell gegen die geplanten Kürzungen im städtischen Haushalt 2024

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