Mein Haus & Grund - Auf´s Dach gestiegen

Mein Haus & Grund - das Magazin für Grundeigentümer Es bietet privaten Grundeigentümer einen vielfältigen, interessanten und abwechslungsreichen Themenmix aus Reportagen, Interviews und Expertentipps rund um die Immobilie.

Mein Haus &Grund Eigentum. Schutz. Gemeinschaft. Schleswig-Holstein

Sonnenseite Aufwachen mit dem Blick ins Grüne

Eine Kathedrale mitten in Kembs Fertig- und Massivhaus in einem? Baubesprechung unterm Dach Mehr Platz für die junge Familie Hochwertige Dachgestaltung Alt und neu perfekt verbunden

Auf ‘s Dach gestiegen

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

Wer hat bei einer Wohnung unter dem Dach nicht das Bild Carl Spitzwegs „Der arme Poet“ vor Augen, bei dem der Regenschirm die Aufgabe übernehmen muss, den Bewohner vor Wetterunbilden zu schützen. Damit haben die Wohnungen, die wir Ihnen in diesem Magazin präsentieren, herzlich wenig zu tun. Vielmehr freuen wir uns, Ihnen Dachgeschosse zei- gen zu können, die wirklich vorbildlich sind. Der Dachgeschossausbau und die Aufstockung von Wohngebäuden sind im Trend. In Ballungsräumen herrscht Platzmangel und die Nachfrage, dort wohnen zu wollen, ist hoch. Eine Chance, dieses Dilemma zu lösen, ist nach oben zu wachsen und auf bestehende Gebäude „eins drauf zu setzen“. Für den Dachgeschossausbau oder überhaupt den Umbau einer Immobilie muss vieles bedacht werden. Alt und neu zu verbinden, ist eine finanzielle, technische und gestalterische Herausfo derung. Sich vorher Rat der Fachleute – von der Dachdeckerin bis zum Rechtsanwalt – zu holen, macht also Sinn. Um sich einen Eindruck zu verschaffen, legen wir Ihnen die Lektüre dieses Magazins nahe.

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Herzlichst

Hans-Henning Kujath Verbandsdirektor

Alexander Blažek Vorsitzender

INHALT | 5

On-Top-Vermieter

INHALT

15

Fakt

Menschen

Sonnenseite

6

44 Karin Prien

Die Zahl der Ausgabe und was sich dahinter verbirgt

Zehn Fragen an die Ministerin

10

Ratgeber

Titelthema: Auf‘s Dach gestiegen

Eine Kathedrale in Kembs

42 Expertentipp

Fragen rund ums Dach an zwei Experten der Firma Carlisle

10 Sonnenseite

Aufwachen mit dem Blick ins Grüne

20

46 Rechtstipp

Mit gutem Recht neuen Platz schaffen

15 On-Top-Vermieter

Wie man aus Dachkammern neuen Wohnraum schafft

Expertentipp 42 Rechtstipp 46 Versicherungstipp 48 Verbrauchertipp 50 Genusstipp 58

48 Versicherungstipp

Guter Schutz bei Aus- und Anbau

20 Eine Kathedrale mitten in Kembs Fertig- und Massivhaus in einem? 24 Baubesprechung unterm Dach Mehr Platz für die junge Familie 28 Varianten hochwertiger Dachgestaltung 28 Alt und neu perfekt verbunden 31 Dachstuhl erlebbar machen 32 Da ist Platz angesagt 34 Edel aufgesattelt

50 Verbrauchertipp

So finanzie en Sie Umbau, Ausbau oder Sanierung Ihres Heims

Baubesprechung

Hochwertige Dachgestaltung

Verschiedenes

24

54 Kochduell

Gourmet-Gipfel der Gaumenfreu(n)de

Karin Prien

28

60 Mitglied werden

44

Wie es geht, warum es sich lohnt

Standpunkt

62 Impressum

54

Standpunkt

36 Aus dem Dachstübchen geplaudert

„Knööv und Können sind gefragt“

36

Kochduell

6 ZAHL DER AUSGABE

7.228 junge Menschen begannen 2020 eine Ausbildung im Dachdeckerhandwerk. Nach 2018 ist die Zahl der Auszubildenden zum dritten Mal in Folge um 2,96 % (2019: 11,45 %, 2018: 7,07 %) gestiegen. Während 2019 noch 116 junge Frauen zur Dachdeckerin ausge- bildet wurden, so sind es nun 147, was einer Zunah- me von 26,7 % entspricht. Die Zahl der Ausgabe

Gleich zwei junge Dackdeckerinnen und deren Begeisterung für ihren Beruf stellen wir Ihnen in dieser Ausgabe vor.

Mit Haus & Grund einen Blick unter‘s Dach riskieren

TITELTHEMA 9

Auf‘s Dach gestiegen

Wer sein Dach ausbauen und neue Räume schaffen kann, ist eines ganz sicher: Ein glücklicher Mensch. Dabei kann Dachausbau finanziell eine durchaus fordernde Angelegenheit sein. Mit 10.000 bis 30.000 Euro muss im Schnitt gerechnet werden – wohlgemerkt ohne Gauben, Bad oder Küche. Wir zeigen an Objekten unserer Mitglieder, worauf zu achten ist. Und klar: Inspiration ist alles!

10 TITELTHEMA

Sonnenseite

Wechselbeziehungen zwischen Haus und Grundstück sind wichtig. Hier sind sie durch den Dachausbau gut gelungen. Aufwachen mit dem Blick ins Grüne

bereits von den Eigentümern bewohnt und musste es während der Arbeiten bleiben. So konnte der Zugang zur Baustelle nur von außen und durch eine Öffnung im Dach erfolgen. Dazu wurde ein Gerüst montiert, über das die Hand- werker dann während der gesamten Bauzeit, ohne Inanspruchnahme der Wohnräume, die Baustelle betreten und verlassen konnten. Im Frühjahr 2013 ging es los, also zu Beginn der etwas wärmeren Jahreszeit. Das alte Dach wurde entfernt und letztendlich blieb vom ursprünglichen Baubestand des Dachgeschosses nur der Schornstein übrig. Bis Oktober glei- chen Jahres zog sich die Maßnahme >>

werden musste, um im Dachgeschoss des in den dreißiger Jahren errichteten Gebäudes neuen Raum zu schaffen. Und was für einen neuen Raum! Hell, lichtdurchflutet, in sorgfältiger Han - werkskunst ausgestaltet und mit hohem Nutzwert entstanden. Wenn etwas perfekt werden soll, braucht man Ideen, eine gute Planung und Geduld Um so weit zu kommen, waren einige Voraussetzungen zu schaffen. Zu klären war vor allen Dingen, wie das Bau- material für Dach und Gaube seinen Weg finden soll. Denn das Haus war ja

Der eine oder andere Leser mag vielleicht denken, dass ihm dies Haus irgendwie bekannt vorkommt. Das ist nicht ganz falsch. In der Tat waren wir gemeinsam mit unseren Leserinnen und Lesern bereits einmal in diesem Haus am Rande der Kieler Innenstadt. Unser erster Besuch galt dem ansprechenden, geschmackvollen Garten. Wer möch- te, kann das in der Ausgabe „Unser Garten“ von „Mein Haus & Grund“ nachlesen. Bereits damals sprachen wir mit dem Eigentümerehepaar nicht nur über den schönen Garten, sondern auch über den aufwändigen Umbau dieses Doppelhauses. Dazu gehörte vor allem der Ausbau des Dachgeschosses. Interessant dabei ist, was alles getan

Ein Blick von oben. Man muss kein „Überflieger sein, um zu er- kennen, welche Probleme beim Ausbau zu über- winden waren und wie gut er am Ende gelungen ist

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hin. Die vorhandene und sehr schöne Treppe führte zwar bis direkt in die aus- gebauten Räume, durch eine wirksame Abdeckung und das erwähnte Gerüst konnte jedoch jeder Schmutzeintrag in die unteren Etagen vermieden werden. Es ließ sich also trotz dieser Baustelle weiterhin gut wohnen. Nach der Fertig- stellung gelangt man vom Erdgeschoss über eine stilgerechte, perfekt aufgear- beitete Treppe auf direktem Wege bis ganz nach oben.

Erste Qualität in allen Berei- chen erhöhen das Lebensge- fühl im Dachgeschoss

Stilgerecht und zeitgemäß überarbeitet

zu diesem Erfolg beigetragen. Die Eigentümer würden es jederzeit wieder machen, denn durch den Ausbau des Dachgeschosses konnten Wohn- und Lebensqualität – in diesem auch vorher schon schönen Haus – ganz erheblich gesteigert werden. <<

Fragt man die Bewohner nach einem Fazit, so erfährt man ohne lange Überlegung, dass dieses Vorhaben perfekt gelungen sei. Eine sorgfältige Vorarbeit, enge Zusammenarbeit mit den beauftragten Firmen, aber auch ein rechtzeitiger und ständiger Kontakt mit dem Bauamt hätten entscheidend

Der neu geschaffene Raum – immerhin können hier 55 zusätzliche Quadratme- ter verbucht werden, wobei die Decken- höhe bis auf über vier Meter ansteigt – wird als gemeinsames Schlafzimmer genutzt. Einen tollen Ausblick auf den Garten hat man gleich am Morgen von dort und, wenn man möchte, des Nachts mittels eines Teleskops auch auf den Sternenhimmel. Die Klimatisierung mit Außensteuerung funktioniert ein- wandfrei, automatische Verdunkelung bei den Dachflächenfenste n dienen dem Licht- und Wärmeschutz. Insge- samt kann man die Ausgestaltung als minimalistisch bezeichnen. „Flächen- bündigkeit“ bemerkt man überall, sei es bei den Einbauschränken oder den Tü- ren. Natürlich verfügt das ebenfalls neu eingebaute Bad über eine bodengleiche Dusche. Dies sei nicht ganz einfach gewesen, gibt der Bauherr zu. Dabei habe aber geholfen, dass der Fußboden der gesamten Etage neu aufgebaut wurde und so Besonderheiten für das Bad berücksichtigt werden konnten. Als Ingenieur konnte der Bauherr den Handwerkern bei der Planung hilfreich zur Seite stehen. Zum Beispiel, indem er Zeichnungen selbst gefertigt hat. Moderne Unterhaltungselektronik auf hohem Qualitätsstandard rundet das geschmackvolle, moderne, etwas stren- ge und doch wohnliche Bild ab.

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TITELTHEMA 15

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Jeder weiß, wie gefragt Wohnraum in der Stadt ist. Den Kieler Eckhard von der Mosel hat das bewogen, seinem Haus ein paar Wohnungen dazu zu geben. „On top“ sozusagen. Wie man aus Dachkammern neuen Wohnraum schafft

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irgendwie trostlosen Maschendraht- verschläge im Dachgeschoss bereits von den Mietern geräumt worden. Dies hatte offenbar der Voreigentümer als eine Art Verkaufsförderung veranlasst. Das alte Ziegeldach aus den Nachkriegs- jahren war baufällig, energetisch war nichts unternommen worden. Nun standen die neuen Eigentümer vor der Frage; nur das Dach zu erneuern und den Dachboden zu dämmen, was >>

zielle Aufwand ist im Rahmen unserer Erwartungen geblieben und die Vermie- tung der neugeschaffenen Wohnungen ist unproblematisch. Insgesamt erleben wir eine deutliche Wertsteigerung des Hauses.“ Als das Haus Mitte 2015 von der Fami- lien-GbR seiner Frau, für Nicht-Juristen eine „Gesellschaft bürgerlichen Rechts“, erworben wurde, waren die immer

Eckhard von der Mosel hat einiges mit- gebracht: Pläne, Bilder und Erfahrungen, von allem reichlich. Der Rechtsanwalt aus Kiel hat sein Mehrfamilienhaus um eine Wohnetage erweitert und damit neuen Wohnraum geschaffen. Er möch- te möglichst viele Eigentümer an seinen Erfahrungen teilhaben lassen. Die wohl wichtigste Aussage trifft von der Mosel gleich zuerst: „Wir würden es wieder tun. Der organisatorische und fi nan-

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TITELTHEMA 17

wurde auf guten Trittschallschutz. „Wir wollten keinen Ärger mit den langjährigen Mietern in der bisherigen Endetage und haben quasi in Höhe einer ganzen Treppenstufe Dämmmate- rialien und neuen Estrich aufgetragen. Dies hatte auch den Vorteil, dass alle Versorgungsleitungen in dieser Schicht untergebracht werden konnten.“ Ein „kleiner Scherz am Rande“, wie von der Mosel es ausdrückt, war der plötzliche Ausfall des Kabelfernsehens in einer der Erdgeschosswohnungen bald nach dem Beginn der Arbeiten. Erst nach ein paar Tagen kam heraus, dass beim Abbruch alter Kamine dort Steine hineingestürzt waren. Der Kamin war bereits von Kabel Deutschland für deren Zwecke umfunk- tioniert worden. Nun hatten dabei alte Ziegel das Kabel getroffen und beschä- digt. Ansonsten waren diese ehemali- gen Schornsteine aber sehr nützlich, um diverse Versorgungsleitungen >>

Fußgänger eine Art Tunnel herstellen. Dadurch blieb kein Raum für Materi- alanlieferungen. Die mussten dann in kleinen Portionen auf den Hinterhof gebracht werden, denn die Durchfahrt in den Hinterhof hat keine LKW-Höhe.“

Unerwartetes bleibt nicht aus

Der erste Eindruck: ein ganz normales Haus. Das

Eine spätere Überraschung war das fehlende Lüftungskonzept. Moderne Isolierung stellt hohe Anforderungen an das Lüftungsverhalten der Mieter. Da reichen Appelle und Erläuterungen oft nicht aus. So mussten bald nach Bezug Lüfter in die Bäder nachträglich eingebaut werden, was Mehrkosten verursachte. „Das hätte man bei der Planung gleich berücksichtigen sol- len“, ärgert sich von der Mosel heute ein wenig. Von Anfang Wert gelegt

stimmt, doch unterm Dach verbirgt sich neuerdings mehr

Auswirkungen auf die Mieter im Alt- bestand bleiben konnte. Als künftige Vorteile und gewissermaßen Entschä- digung für die während der Bauphase zu ertragenden Widrigkeiten konnten die Eigentümer anbieten: eine neue Klingel-, Sprech- und Briefkastenanlage sowie die Renovierung des gesamten Treppenhauses nach Abschluss der Arbeiten. Ein weiterer kleiner Vorteil ergibt sich bei der Nebenkostenabrech- nung, da sich nun einige Kosten durch 16 statt 12 teilen lassen. Begünstigt wurde die Schaffung neuen Wohn- raums mitten in der Stadt dadurch, dass sich im Hinterhof genügend Parkplätze ausweisen ließen und für jede Woh- nung ein Kellerraum gefunden wurde. Das Bauvorhaben wurde von einem Architekten begleitet, was sich grund- sätzlich empfi ehlt. Dennoch blieb Un- erwartetes nicht aus, berichtet Eckhard von der Mosel. „Gleich zu Beginn

irgendwie „loftig“ sein oder möchte man lieber kleinere Wohnungen mit jeweils drei Zimmern? „Wir haben uns für einen Mittelweg entschieden und sind mit der Vermietungssituation sehr zufrieden“, freut sich der Eigentümer heute. Wie für einen Privateigentümer typisch ist, hat man sich sehr um die Mieter der zwölf Bestandswohnun- gen gekümmert. Sie wurden an den Planungen beteiligt und zeitig über die Abläufe, wie zum Beispiel das Aufstel- len des Gerüsts informiert. Denn es war von vornherein klar, dass der Ausbau eines Dachgeschosses nicht ohne

bereits rund 100.000 Euro gekostet hätte. Oder einen Schritt weiterzugehen und das ganze Dachgeschoss auszu- bauen zu neuem Wohnraum? „Wir haben uns dann für den zweiten Weg entschieden“, berichtet von der Mosel.

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Loftig oder mehr Zimmer?

Loftig oder mehr Zimmer? Somit stand man vor der spannenden Frage der Raumgestaltung. Denn die wirkt sich auf die Vermietung und den Mieterkreis aus. Sollen die Räume eher offen,

Im Grundbuch vorrangig eingetragenes, lebenslanges Nießbrauchrecht

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wurde das Gerüst vom Amt bean- standet. Wir mussten den unteren Teil erheblich vergrößern und für die

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WEIL MEIN DACH MEHR DRAUF HAT Photovoltaik: Sonnenenergie effizient nutzen.

Wohnung mit Perspek- tiven und vielfältig nutzbaren Räumen

Vieburger Gehölz und den Fernsehturm. Die Nachbarwohnung gehört Martin Jentsch und ist etwas weiträumiger geschnitten, aber gleich groß wie die von Sina Kraft. Das äußert sich in dem leicht loftartigen Charakter mit der hier nicht separierten Küche. Der 53-jährige IT-Berater schätzt ebenfalls die Helligkeit in seiner ansprechend und geschmack- voll eingerichteten Wohnung, aber auch die Ruhe. Die braucht er auch, da er – nicht nur zu Corona-Zeiten – sehr viel von zuhause aus arbeitet. Und ohne- hin wohnt der gebürtige Kieler gern in einem Dachgeschoss. Damit bestätigt sich, wie sinnvoll es für die Eigentümer war, sich auf das Aben- teuer Dachgeschossausbau eingelassen zu haben. Jedenfalls, wenn man die neuen Mieter befragt. <<

von der Mosel dürfte mit ihrer Einschät- zung auf lange Sicht Recht behalten.

und auch Abwasserrohre aus dem neu- en Dachgeschoss durch das Haus führen zu können. Als besonders vorteilhaft erweist es sich heute, dass jede der vier so entstandenen Wohnungen vom Keller her einzeln mit Wärme versorgt wird. So ist nur ein Wärmezähler pro Wohnung und keine Messeinrichtung an jedem Heizkörper nötig. Eine kleine Schattenseite gibt es aber doch. Für die Investition von insge- samt etwa 450.000 Euro gab es nach Auskunft der Eigentümer auch nach gründlicher Suche keinerlei Fördermit- tel. „Dennoch glauben wir, eine gute Zukunftsinvestition getätigt zu haben. Wir erzielen für die 235 Quadratmeter neue W ohnfl äche – in einer mittleren Wohngegend der Landeshauptstadt – eine angemessene Miete.“ Die Familie

Und wie sehen das die Mieter?

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Zwei der neuen Wohnungen können wir in Augenschein nehmen. Zunächst die von Sina Kraft, einer jungen Frau, deren Beruf als Dekorateurin einer großen Textilkette auf ihre Wohnung ausstrahlt. Mit wenigen Dingen schafft sie auf knapp 60 Quadratmetern eine schicke, aufgeräumte und freundliche Atmosphäre. Sie fühlt sich wohl in dieser Wohnung, wie sie uns versichert. Das Schönste an ihr sei, so stadtnah zu wohnen und doch schon im Grünen. Vor allem liebt sie das große, bodentiefe Fenster mit seinem Ausblick auf das

Homeoffi ce- geeignet und großzü- gig geschnit- ten ist der zweite Woh- nungstyp dieses Dach- geschosses

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TITELTHEMA 21

Eine Kathedrale mitten in Kembs

in der Geschichte der Architektur geboren.

Verfahren und das umfassende Wissen der Architekten schließen lassen. Noch im 20. Jahrhundert beschuldigten Kritiker den gotischen Baustil als maßlos und schnörkelhaft. Die Baugestalt mit ihrer Schwerelosigkeit verleite zu Mystik und Schwärmerei, ganz im Gegensatz zu den soliden, bodenverhafteten Struk- turen der Romanik. Dabei ist die gotische Kathedrale ein Paradebeispiel für die vorindustrielle Vorfabrikation. Die Anzahl der verschie- denen Teile an einem solchen Gebäude ist verhältnismäßig klein, dafür wurde von jedem dieser Standardstücke eine große Anzahl hergestellt, die dann sich wiederholend in der Fassade und in der Tragestruktur Verwendung fanden: manuelle Vorfabrikation nach stan- dardisiertem Muster mit anschließen- dem Montagebau. Die Idee also, mit vorgefertigten Modulen zu bauen, war bereits zu einem recht frühen Zeitpunkt

Wenn wir ans Mittelalter denken, dann kommen uns unwillkürlich die sich dem Himmel entgegenstreckenden Bauwer- ke der Gotik in den Sinn. Vor allem ihre einzigartige Architektur, die sich in der Mitte des 12. Jahrhunderts im Herzen Frankreichs entwickelte und ganz Euro- pa im Sturm eroberte. Mögen dem Tou- risten die Mauern von Notre Dame in Paris, der Kathedralen in Beauvais und Amiens sowie des Doms und der Mari- enkirche in Lübeck heute ein vertrauter Anblick sein, so wissen wir doch kaum etwas über deren Errichtung. Denn die Baumeister haben nur wenig schriftli- ches Quellenmaterial hinterlassen. Bekannt über die riesigen Kirchenschiffe ist lediglich, dass sich deren Entstehung in vielen Fällen über Jahrhunderte hinziehen konnte. Und dass dabei un- terschiedlichste Materialien – beispiels- weise Stein, Glas, Holz und Eisen – ein- gesetzt wurden, die auf die komplexen

Ebenfalls in Modulbauweise entstehen die modernen Kathedralen der Gegenwart, die zugleich durch eine Schwerter zu Pflugscharen – Kathedralen zu Wohnhäusern chamäleonartige Wandlungsfähigkeit beeindrucken. Sie finden sich nicht nur in Metropolen, sondern auch auf dem Lande. Sie dienen nicht weiter als zweckgebundenes Gebets-, sondern als flexibel nutzba es Wohnhaus. Ihre durchschnittliche Bauzeit liegt nicht bei hundertzwanzig Jahren, sondern ein- drucksvollen hundertzwanzig Stunden, bis der Rohbau mit der Beton-Boden- platte mit Flachgründung und unbe- wehrter Frostschürze verbunden >>

Wer bauen will, muss sich meist für eine Bauweise entscheiden. Das K-MÄLEON Hybridhaus beweist uns das Gegenteil. Fertig- und Massivhaus in einem?

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ist. Und dank modernster Technik – einer Kombination aus Infrarotheizung, verbaut in Wänden und Spanndecken, einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach, Energiespeicher auf Lithium- Ionen-Basis und innovativem Kaminofen mit patentiertem Verbrennungssystem – braucht auch niemand, ob nun gläubig oder ungläubig, zu frieren. Regina und Paul-Herbert Dose haben sich in Kembs, einem Ortsteil der Ge- meinde Seedorf am Südwestrand der Holsteinischen Schweiz im äußersten Nordosten des Kreises Segeberg in Schleswig-Holstein, eine eigene „Sagra- da Família“, die verschiedene Baustile miteinander verbindet, geschaffen, mit dem kleinen, aber feinen Unterschied, dass ihre gegenüber dem Vorbild in der Hauptstadt Kataloniens vollendet ist. Was dem Eigenheim der beiden eine quasisakrale Weihe verleiht, ist der Innenraum, der den Eintretenden durch stimmungsvolle Lichtästhetik und kompromisslosen Minimalismus sofort in seinen Bann zieht. Dies bewirkt eine vierseitige Glaspyramide mit sechs Quadratmetern Grundfläche in der Dachspitze. Während das durch farbige Bleiglasfenster in eine Kirche hereinbre- chende Tageslicht für gewöhnlich

Besonders originell: Als Waschtisch dient eine alte Werkbank aus dem Familienbesitz

erhofft hatten“, schwärmt Herr Dose. Die doppelt verglaste Lichtkuppel aus Sicherheitsglas, die Schnee- und Windlasten trotzt, bildet aber nur die sprichwörtliche „Spitze des Eisberges“. Darunter verbirgt sich eine Stahlkon- struktion, die die Tragefunktion des gesamten Hauses übernimmt. Ohne

die körperliche Anwesenheit des Heiligen Geistes symbolisiert und zur Betrachtung des Göttlichen verleitet, lädt es im Haus der Doses weniger zur Kontemplation, als vielmehr zum fröhli- chen und unbeschwerten Verweilen ein. Von dem illuminierten Atrium, das prak- tischerweise eine Stunde Strom pro Tag spart, hatte sich das Ehepaar dement- sprechend von Anfang an begeistert ge- zeigt: „Je mehr Licht ins Haus gelangt, umso großzügiger wirken die Räume, umso mehr hebt sich die Stimmung und umso lebendiger ist die Atmosphäre. Das ist genau das, was wir uns

einem MDR-Fernsehbeitrag entdeckt hat, ist sie verliebt ins eigene Zuhause. Ein Grund hierfür ist sicher auch das hohe Vertrauen, das Erfinder Elze bei ihr und ihrem Ehemann genießt: „Die Tatsache, dass Elzes familiäre Wurzeln in Schleswig-Holstein liegen, und die Art, wie er hinter seinen Vorhaben steht, ha- ben uns die Entscheidung, in ein derart ungewöhnliches Projekt zu investieren, erleichtert.“ Die war wohl goldrichtig, handelt es sich doch um die erste und bisher einzige Wohnkathedrale im „echten Norden“. <<

leitungen können somit überall zum Einsatz kommen. Lästige Kabel- und Rohrsysteme entfallen. Mehr Flexibilität geht nicht, sodass der Handelsname K-MÄLEON Programm ist. Sollten die Doses einmal das Verlangen nach einer veränderten Umgebung verspüren, können sie die Trockenbau- wände problemlos versetzen lassen. Eine Option, die sich ebenso positiv auf einen Wiederverkauf auswirken würde. Daran ist vorläufig jedoch nicht zu denken, denn seitdem Frau Dose den Systemhaustyp vor drei Jahren in

Pflegefachkraft, umfunktioniert we den. Auf diese Art und Weise Räume unterm Dach zu schaffen, das ist Antrieb und Vision des versierten Stahl- und Brückenbauers Diplom-Ingenieur Olaf Elze aus Berlin. Er hat für das Konstruk- tionsprinzip seines Hybridhauses, einer Mischung aus Fertig- und Massivge- bäude, Anleihen aus dem Industrie- und Gewerbebau genommen. Die Trockenbauwände bestehen aus 40 cm starkem Leichtbeton mit integriertem Super-Dämmkern, die von einem um- laufenden Installationskanal mit Leer- rohrsystem umgeben sind. Versorgungs-

Grundriss und Gestaltung bleiben wandelbar

tragende Elemente im Innenbereich werden Grundriss und Gestaltung indi- viduell und frei gestaltbar. Die Eheleute Dose wollten altengerecht und barrie- refrei bauen, ohne sich gleich alt fühlen zu müssen. Deshalb haben sie sich für 132 Quadratmeter im Erdgeschoß und 50 Quadratmeter in einer offenen, Loft-ähnlichen Galerie im ersten Stock entschieden. Dort wird gearbeitet, musiziert und künftig sogar Amateur- astronomie betrieben. „Die Anschaf- fung eines Teleskops, um die Sterne am Nachthimmel zu beobachten, ist fest eingeplant“, lassen uns die Eigentü- mer wissen. Und für den Fall, dass es irgendwann einmal in ferner Zukunft beschwerlich werden sollte, in die obere Etage zu gelangen, kann diese zum Gästebereich, beispielsweise für eine

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TITELTHEMA 25

Baubesprechung unterm Dach

Fragt man einen Einwohner der Landeshauptstadt nach dem Gut Blockshagen, dürfte man zumeist auf Ratlosigkeit stoßen. Dabei verbirgt sich auf dem ehemaligen Gut eine kleine Perle, die unter dem Namen „Hofstube Gut Blockshagen“ inzwischen einen gewissen Bekanntheitsgrad erworben hat. In der Regel am Wochenende werden hier am Rande von Mielkendorf kleine und große Leckereien angeboten. Karen-Inga Wollmann, eine Studienrätin an der Berufsbildenden Schule, betreibt zusammen mit ihrer Freundin Svenja Preiß diese kleine Lokalität. Karen-Inga Wollmann ist verheiratet mit Christoph Wollmann, einem IT-Ingenieur. Beide le- ben zusammen mit ihrem kleinen Sohn in einem Wohngebäude auf der Anlage, vis-a-vis von der Hofstube. Dies vorab zur Örtlichkeit und ihren handelnden Personen, doch nun zum Anlass unseres Besuches: Das von den Wollmanns bewohnte Haus ist, wie so viele nicht mehr intensiv genutzte landwirtschaftliche Anwesen, nicht gerade allerneuesten Datums. Auch sind die Platzverhältnisse für eine junge Familie vielleicht nicht mehr unbedingt ideal. So entschlossen sich die Eigentümer, eine bisher ehemals als Einliegerwohnung genutzte Fläche im Dachgeschoss für eigene Zwecke umzu- bauen. Damit verband sich der Gedan- ke, den bisher ungenutzten Dachraum über der Wohnung mit einzubeziehen, mit dem sozusagen „doppelten Boden“ mehr Platz zu schaffen. Dadurch konnte die Wohnung von 115 auf 130 Quad- ratmeter erweitert werden. Das scheint nicht viel angesichts des zu betreiben- den Aufwandes, muss aber im Zusam- menhang mit der ohnehin notwendigen Sanierung aller Flächen im Dachge- schoss gesehen werden.

Gegenüber von der Hofstube Blockshagen steht das Wohnhaus. Hier soll im Obergeschoss zusätz- lich Platz geschaffen werden – ein nicht ganz einfaches Unterfangen

Wenn man ein altes Gebäude anfässt, um mehr Platz für eine wachsende Familie zu haben, kann man Überraschungen erle- ben. Oder man hält eine Baubesprechung mit Fachleuten ab. Mehr Platz für die junge Familie

Wir nehmen an einer Baustellenbe- sprechung teil, auf der alle zu dem Zeitpunkt vertretenen Gewerke >>

26 TITELTHEMA

Praxistipp

Bauherr Christoph Wollmann rät jedem, der sich mit einem ähnlichen Projekt befassen möchte zu Folgendem: „Sinnvoll, weil häufi g vergessen, ist es bei solchen Maßnahmen, immer erst einen Blick auf die Elektrik zu werfen. Erst viel zu spät wurde bemerkt, dass die Elektrik für die Küche nicht ausgereicht hätte. So mussten bereits verlegte Leitungen wieder aufgestemmt und ersetzt werden. Das hat uns eine Bauverzögerung von ca. drei Wochen eingetragen. Genauso wichtig ist die Prüfung von Kostenvoranschlägen. Überhaupt müssen verwertbare Angebote vorliegen, bevor man einen Gedanken an die Umsetzung eines solchen Vorhabens verschwendet. Ein besonderer Glücksfall ist es dann, wenn es gelingt, Handwerksfi rmen zu gewinnen, die ‚gut miteinander können‘. Und wenn dann einer von denen gewisser- maßen die Funktion der Bauleitung über- nimmt, klappt so etwas wunderbar.“

Trotz Baustress bleibt Zeit für die Café-gerechte Dekoration auf dem alten Hofgelände

Bloß das Messen nicht vergessen! Und dann muss miteinander geredet werden: Bauherr Christoph Wollmann (Bild unten rechts, neben der Leiter)

on – sehr hilfreich gewesen sei. Es gab von Anfang an eine Vertrauensbasis mit allen beteiligten Gewerken, seien es Dachdecker, Zimmerer, Trockenbauer oder Elektriker.

sich mit den Handwerkern über den Fortgang der Arbeiten aus. Es gibt eine Reihe von Besonderheiten, die vor Ort geklärt werden müssen. Der 42-jährige Eigentümer scheint dennoch die Ruhe selbst zu sein. Dazu befragt, gibt er zu, dass die Auswahl der Handwerker – sie stammen ausnahmslos aus der Regi-

zugegen sind. Es ist ein lebhaftes Gewusel, ein Auf- und Zuklappen von Zollstöcken, eilige Notizen auf kleinen Zetteln oder kurze Telefonate mit Ge- sprächspartnern, die offenbar ebenfalls mit der Baustelle oder der Materialbe- schaffung zu tun haben. Mittendrin steht Christoph Wollmann und tauscht

dass es schön werden wird, nicht zu- letzt dank der handwerklichen Qualität der eingesetzten Betriebe. So können sich Wohnen und Arbeiten in ländlicher Umgebung und doch in unmittelbarer Großstadtnähe wunderbar miteinander ergänzen. <<

Fertigstellung ist für den Spätsommer geplant und liegt leider nach Druckle- gung dieses Heftes. Sonst hätten wir gern noch einmal einen Blick hinein- geworfen in die nun sehr großzügig gewonnenen Räume im Obergeschoss auf dem ehemaligen Gut Blockshagen. Doch bereits jetzt können wir sagen,

der des neuen Fußbodens im gesamten Obergeschoss. Neue Fenster mussten eingebaut werden und die Gipswän- de zur Raumaufteilung sind noch zu errichten. Zwischen den Eheleuten abzustimmen, war natürlich auch ein solcher Geschmacksklassiker, wie die Auswahl der Fliesen im neuen Bad. Die

Eine besondere Herausforderung ist der Einbau der neuen Treppe, aber auch

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Varianten hochwertiger Dachgestaltung

Dieses Haus stammt aus den vierziger Jahren und wurde im klassisch nord- deutschen Ziegel errichtet. Es kannte all die Jahre nur eine einzige Familie als Eigentümer. Nun stand es zum Verkauf an. Erste Kaufinte essenten deuteten einen gewollten Abriss an, weshalb die Eigentümer nach Interessenten auf die Suche gingen, die bereit waren, das Haus weitestgehend zu erhalten. Schließlich war es eine Familie mit drei Kindern, die mit ihrem Konzept zum Er- halt bzw. zur analogen Erweiterung den Zuschlag erhielt. Erweiterung war not- wendig, denn wer die Bauten aus der Zeit mit wie in diesem Fall ca. 90 Quad- ratmeter Wohnfläche kennt, weiß, dass das heutigen Wohnanforderungen nur schwerlich genügt. Insbesondere die Raumgrößen empfinden viele als nicht mehr zeitgemäß. >>

Im Freien und auch wieder nicht. Hier verbindet sich Alt mit Neu

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts schossen Siedlungshäuser aus dem Boden. Daraus kann man wieder viel machen. Alt und neu perfekt verbunden Übergangslösung

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Dachstuhl erlebbar machen

So kennt man sie, die zahlreichen, oft etwas uniform gestalteten Siedlungshäuser aus der Vergangenheit

Vorher nachher. Mehr braucht man nicht zu sagen

noch erhaltenen Tragstruktur aus dem 14. Jahrhundert unter anderem ins Dachgeschoss führende Treppen, die hinter einer Verkleidung verborgen waren. Sie ließen die Idee aufkei- men, dort oben eine Maisonette-Wohnung einzubauen und das Dachgeschoss aufzuwerten. So wurden die Decken als Holzbetonverbunddecken ertüchtigt und mit massiven Dielen belegt. Die historischen Baustufen konnten auf diese Weise erlebbar gemacht und mit modernen Ausbauelementen ver- woben werden, ohne die historische Substanz zu schädigen. Auch eine energetisch-konstruktive Ertüchtigung kam nicht zu kurz. Die Wände wurden innenseitig mit einer Calcium- silicatdämmung versehen. Es ist, so sagt der Architekt, der Feinfühligkeit und Begeisterung des Bauherrn zu verdanken, dass mit der Sanierung ein Stück Geschichte erlebbar bleibt und trotzdem zeitgemäß nutzbar geworden ist. Zudem hat die Sanierung des Hauses und dessen Nutzung dazu beigetra- gen, ein Stadtquartier weiter aufzuwerten.

Wie durch An-, Um- und Ausbau mehr Wohnraum geschaffen werden kann, der Zeit- und landestypische Charak- ter aber erhalten bleibt, zeigt dieses Beispiel. Das Konzept des Architekten sah den Erhalt aller gestaltgebenden Elemente vor. Dazu gehörten das Sicht- mauerwerk und die Geometrie. Ver- mieden wurde der gewohnte Schema- tismus zum Erlangen von vermeintlich zeitgemäßer Neugestaltung. Dennoch gelang es, die Immobilie komfortabel und energieeffizient zu gestalten. Dem, wie bei dieser Art von Gebäuden üblich, schmalen, aber tiefen Grundstück musste sich auch der Erweiterungsbau anpassen. Die neue bauliche Mitte ver- fügt über ein hohes Maß an Lichtzufuhr und trennt räumlich im Obergeschoss das Elternhaus von dem von den Kin- dern bewohnten Teil. Auch interessant: Der gesamte Planungs- und Umbaupro- zess zwischen Architekt (vor Ort) und Bauherrn (damals in Süddeutschland lebend) wurde ausschließlich über E-Mail abgewickelt. Für ein Jahr gaben die Bauherrn die volle Verantwortung mit einem Höchstmaß an Vertrauen in die Hände der Architekten. Erstmalig seit dem Erwerb sahen sie das Objekt bei Einzug wieder. <<

Ein eher kleines, aber lange als Backhaus genutztes Gebäude in der Lübecker Altstadt war immer wieder verändert und damit gestalterisch stark deformiert worden. Eine einfache Renovierung hätte nicht gereicht. Mit jeder Schicht, die frei- gelegt wurde, fanden die Architekten auf der in großen Teilen

Verantwortliche Architekten: Schümann Sunder-Plessmann und Partner mdB BDA

Schick, nicht wahr? Und trotzdem im Verhältnis zum Ursprungsbau nicht überzogen

Architekten Mißfeldt Kraß Lübeck

32 TITELTHEMA

Der W unsch der vierköpfi gen Familie war ein kleines Haus mit Garten, nicht zu weit entfernt von Innenstadt und Natur. Ein kleines, schlichtes giebelstän- diges Ziegelhaus inmitten einer in den zwanziger Jahren errichteten Siedlung bei Lübeck schien dafür das Richtige zu sein. Der Umfang der Veränderungen war wie bei den meisten Menschen durch ein vorgegebenes Baubudget eingeschränkt. Der Architekt erkannte dies als Chance, die ursprünglichen Formen von Wohn- haus und Stallgebäude zu erhalten. So mussten die heutigen Flächenan- sprüche der Kleinteiligkeit des Be- standes angepasst werden, auch um einen Verlust von baugeschichtlicher Substanz zu vermeiden. Ein früher, bei solchen Grundstücken allgemein üblicher Stall wird nun im Erdgeschoss als Arbeitsbereich und im Obergeschoss als Gästezimmer genutzt. Auch der Spitzboden wurde dabei miteinbezo- gen. Des Weiteren wurde im Erdge- schoss eine Wand herausgenommen, sodass ein „Durchwohnen“ zwischen Straßen- und Gartenseite möglich ist. Dachstuhl und die gesamte Haustechnik mussten erneuert werden. Insbesondere im Dachbereich wurde eine sehr gute Wärmedämmung erreicht, im ehemali- gen Stallgebäude durch eine Innendäm- mung. Die Kompaktheit des Baukörpers zeichnet ihn, so der Architekt, gestal- terisch, wirtschaftlich und energetisch auf besondere Art und Weise aus. Die sichtbar gebliebene Ziegelwand und der Verzicht auf ein Wärmedämmverbund- system seien Bekenntnisse zum Ort und seiner Geschichte. Das Haus leistet nun einen Beitrag zur Identität der Siedlung, die durch sonsti- ge gut gemeinte energetische Ertüch- tigung in ihrer baukulturellen Eigenart bedroht wäre.

Nach oben hin offen muss die Rechnung von Baufi rmen, Handwerkern und Architekten absolut nicht sein, wohl aber die freie Gestal- tung des neuen Innenlebens

Da ist Platz angesagt

Architekten Mißfeldt Kraß Lübeck

Ein typisches Bild: für damalige Zeiten ein großer Fortschritt auf noch größeren Grundstücken

Edel aufgesattelt 34 TITELTHEMA

Hört auf Hildegard: Dämmt Dächer nachhaltig, ohne Holz.

höheren Altbau, sodass die Idee, durch Aufstockung 14 Maisonette-Wohnun- gen zu schaffen, schnell Auftrieb fand. So war auch, städtebaulich gesehen, ein Vorteil zu erreichen. Die Gestaltung des aufgestockten zusätzlichen Geschosses weicht vom Bestand ab, ohne jedoch dem schlich- ten Fünfzigerjahre-Stil vollkommen entgegenzustehen. Dennoch gibt er ihm ein neues Gesicht. Großzügige Wohnungen, zumeist mit drei Zimmern und offen über zwei Etagen gestaltet, haben jeweils eine W ohnfl äche von 93 Quadratmetern. Die darunterliegen- den „Alt“-Wohnungen erhielten neben neuen Fenstern und einer sanierten Fassade einen Balkon zur Südseite. So entstand mitten in einem Innenstadt- quartier ein interessanter Wohnungsmix mit einer neu geschaffenen W ohnfl äche von 1.335 Quadratmetern. Verant- wortlich zeichnete hierfür das Büro BSP Architekten BDA.

Wohnungen in guter Innenstadtlage sind heutzutage sehr gefragt. Wegen der dort ohnehin dichten Bebauung ist es schwierig, neuen Wohnraum zu schaffen, ohne den Wohnwert des Stadtquartiers weiter zu beeinträchti- gen. Aber es gibt örtliche Gegeben- heiten, die bei geschickter Planung geeignet sind, neue W ohnfl ächen zu erschließen. Und wenn man Glück hat, auch noch architektonisch besonders ansprechen. Nach den gr oßfl ächigen Kriegszerstö- rungen erfuhr die Kieler Esmarchstraße in den fünfziger Jahren eine zum Teil neue Bebauung. Angesichts der mit heute absolut nicht zu vergleichenden Wohnungsnot war die Gestaltung trotz der auch damals schon begehrten Wohnlage deutlich schlichter gehalten als ihre intakt gebliebene unmittelbare Nachbarschaft. Aufgrund des Nachfra- gedrucks entschied sich die Eigentüme- rin im Jahre 2016 für eine energetische Sanierung einschließlich Aufstockung. Der 100 Meter lange Gebäudekomplex lag unmittelbar neben einem deutlich

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Eins draufgesetzt: in begehrter Lage auf ein ganz normales Mehrfamilienhaus aufgesetzt und dazu noch gelungen

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36 STANDPUNKT

Viel braucht es nicht, um Beatrice Braun, 25 Jahre alt, und ihrer vier Jahre jüngeren Kollegin Sabrina Jung eines abzuneh- men – das sind Leidenschaft und Herzblut für ihr Handwerk. Die positive Ausstrahlung der zwei führt zu der Annahme, dass die Freiheit über den Dächern wohl grenzenlos sein muss. Dieses Erleben ist es unter anderem auch, was die bei- den Dachdeckerinnen über das Berufliche hinaus miteinander befreundet sein lässt. Der Spruch mag zwar leidlich abgedro- schen sein, passt in diesem Fall aber wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: Handwerk verbindet! Dass die Frauen in demselben Landkreis groß geworden sind, ist dabei nur noch eine unbedeutende Randnotiz. Bei der Herkunft hingegen trennen Beatrice Braun und Sabrina Jung dann doch knapp 650 Kilometer. Während die eine in Lübeck geboren ist, stammt die andere aus Hardt, einer kleinen Ortschaft im Norden Bayerns. Sieht man davon ab, dass die beiden im

„Knööv und Können sind gefragt“

Aus dem Dach- stübchen geplaudert Junge Frauen erobern mehr und mehr die klassischen Hand- werksberufe. Bestes Beispiel: Beatrice Braun und Sabrina Jung. Eine Dach- deckermeisterin und eine, die‘s noch werden will, erzählen, was ihr Job ihnen bedeutet.

Beatrice Braun

„Grüne Dächer bieten Lebens- qualität“

Privatleben Freundinnen sind, darf die überbetriebliche Aus- bildungsstätte im Ausbildungspark Lübeck-Blankensee wohl als zentraler Ort ihrer Begegnung bezeichnet werden.

Eine Meisterin der Meister

Dort hat Beatrice Braun bereits wahrhaft Meisterliches voll- bracht. Nach einer Ausbildung als Reetdachdeckerin, einem Auslandsaufenthalt sowie weiteren Arbeitserfahrungen hat sie sich 2019 mit dem Erwerb des Meisterbriefs nicht nur die „Krone des Handwerks“ aufgesetzt, sondern als landesweit Prüfungsbeste aller Gewerke auch noch den bemerkenswer- ten Titel als „Meisterin der Meister“ eingeheimst. „Diese besondere Auszeichnung erhalten zu haben, erfüllt mich mit Freude und Stolz“, bringt Beatrice Braun, die in ihrem Alter bereits ausbildet, selbstbewusst hervor, zwinkert Sabrina Jung zu und lacht. Nicht mehr, aber auch nicht weniger als >>

Sabrina Jung

38 STANDPUNKT

als architektonisches Gestaltungsmittel seinen individuellen Charakter. Wei- tere entscheidende Faktoren seien ein gesundes Raumklima mit ausgegliche- ner Luftfeuchte und damit die Wahl der richtigen Dämmung. Schließlich gehe es darum, sowohl im Sommer als auch im Winter für behagliche Temperaturen zu sorgen. „Voraussetzung ist ein durch- dachter und professionell ausgeführter Wärmedämmschichtenaufbau des Daches. Da ist es mehr als wichtig, die richtigen Unterspannbahnen und -deck- bahnen auszuwählen“, mahnt Beatrice Braun an. Aber auch die Bewohner seien in der Pfl icht, richtig und ausrei- chend zu lüften. Wenn sich der Bauherr – alternativ oder ergänzend – für den Einbau von Wohnraumdachfenstern oder ausklapp- baren Dachbalkonen entschieden habe, stünden ebenfalls die vielfältigsten Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfü- gung. Immer mehr gefragt sind Wohn- raumdachfenster, die sich auf Wunsch fernbedienbar elektrisch öffnen und schließen lassen. Passende Außenroll- laden oder Jalousien passen sich dem Sonnenstand genau an. Nebenbei hat man dann auch gleich etwas für den Lärmschutz getan.

ein deutlicher Hinweis darauf, wie sehr sie die Arbeit der Kollegin zu schät- zen weiß und was sie ihr zutraut. Die Gesellin braucht sich auch gar nicht zu verstecken. Schon am ersten Tag auf dem Dach hat der Lehrchef ihr einiges an Verantwortung übertragen. Sie weiß, vom professionellen Einbau von Seku- ranten zu berichten. Hierbei handelt es sich um Absturzsicherungen, also Vorrichtungen, die dazu dienen, einen Absturz beim Aufenthalt oder bei Tätig- keiten in Dachbereichen zu vermeiden, in denen ein Absturz auf Grund der möglichen Sturzhöhe zu Verletzungen führen kann. „Ich habe von Beginn an alles an die Hand bekommen, was ich zum Erlernen des Berufes benötige. Selbst wenn ich anfänglich viele Folien- bahnen föhnen musste“, sagt Sabrina Jung und schüttelt ihre blondbraune Löwenmähne.

„Bauherren-Zufriedenheit ist unser Anspruch“

Haute Couture? Kluft ist angesagt

Beratung, wesentlich in Hinblick auf das vorhandene Budget, unterstützt werden. Nachhaltiges Bauen bezogen auf das Dach, bedeutet vor allem, die verwen- deten Materialien so auszuwählen, dass das Dach seine Schutzfunktion über einen möglichst langen Zeitraum mit >>

auch die Herstellung von Holzfaser- dämmplatten sehr energieaufwendig sei, in ökologischer Hinsicht ein Nachteil im Vergleich zu beispielsweise Schütt- oder Stopfdämmungen. Schlussend- lich müsse ein Bauherr, der nicht nur Heizkosten einsparen, sondern auch umweltschonend und nachhaltig bauen wolle, bestmöglich durch kompetente

genüber herkömmlichen Dämmstoffen oft zwei entscheidende Nachteile: Sie sind teurer und sie erreichen schlechtere Wärmedämmwerte. „Mein Lehrchef hat bevorzugt Platten aus Holzwolle als Alternative zu Leichtbauplatten aus Gips bei der Aufsparren- und Zwischensparr- dämmung eingesetzt“, erzählt Beatrice Braun. Gleichzeitig räumt sie ein, dass

Höhenangst verspüren die jungen Frau- en nicht und auch bei der Witterung halten sie sich an ein altes Sprichwort: „Es gibt kein schlechtes Wetter, nur die falsche Kleidung“, zitiert Beatrice Braun wortgetreu. Ohnehin fühle man sich durch das Tragen der Kluft wie durch einen Zaubermantel geschützt. Die traditionelle Zunftkleidung lasse einen quasi immun werden gegen Spinn- weben oder die Hinterlassenschaften von Kleingetier. Erst wenn die Tracht daheim abgelegt werde, sei man ganz Privatperson. Beispielhaft präsentiert Beatrice Braun ihren Handwerksgür- tel, das sogenannte „Erbstück“, eine Koppel aus beigefarbenem Naturleder, den die Familie ihr für die gezeigten Leistungen und die berufl iche Zukunft geschenkt hat.

Die Krux mit den ökologischen Dämmstoffen

Bei der Wahl der richtigen Dämmung sind Dämmstoffe wie Polystyrol oder Mineralwolle weit verbreitet. Beatrice Braun und Sabrina Jung beurteilen Dämmstoffe nicht pauschal, gehen als Vertreterinnen der Generation Y aber kritisch mit dem Thema um. Unter ökologischen Dämmstoffen würden die meisten Bauherren in erster Linie solche aus natürlichen Materialien, wie beispielsweise Pfl anzenfasern, Schaf- und Baumwolle sowie Schilf oder Stroh verstehen. Diese Alternativen haben ge-

erfolgreichen Dachgeschossausbau ankomme und wie in dem Zusammen- hang die Zufriedenheit des Bauherrn sichergestellt werden könne, haben die jungen Dachdeckerinnen so einiges an Expertise anzuführen. Um neue Räume unterm Dach zu schaffen, sei der Einbau einer Gaube geradezu prädestiniert. So werde zusätzlicher Platz und Stehhöhe gewonnen. Eine attraktive Gaube sei nicht nur die Visitenkarte eines Daches, sondern verleihe dem gesamten Haus

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40 STANDPUNKT

Praxistipp

Es ist wenig hilfreich, Fens- ter nur einen Spalt breit zu öffnen oder zu kippen. Wesentlich mehr Wirkung erzielt das sogenannte Stoßlüften, also Lüften mit weit geöffnetem Fenster. Optimal tauscht sich die Luft beim Querlüften aus, dem gleichzeitigen Öffnen gegenüberliegender Fens- ter, das auch als Durchzug bezeichnet wird.

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Für die einen sind es gewöhnliche Dächer, für Beatrice Braun und Sabrina Jung hingegen sind es die Bretter, die die Welt bedeuten. Von dort aus lässt sich das Große aller Zeiten seh‘n

Immobilienbesitzer aufgepasst!

Schutzschild ausstatten. Dennoch bedarf es auch hier einer genaueren wirtschaftlichen Betrachtung. Man hätte noch lange mit den sympa- thischen Dachdeckerinnen weiterplau- dern können. Am Ende des Gespräches jedenfalls herrschte das Gefühl vor, da wären zwei, die bereits in jungen Jahren mit der Jobwahl ins Schwarze getroffen haben. <<

geringstem Pfl egeaufwand gewährleis- ten kann. Sabrina Jung ist erklärter Fan des Gründaches, mit dem sich Hausbe- sitzer ein Stück Natur aufs Dach holen. „Eine Dachbegrünung bietet nicht nur einen schönen, naturnahen Anblick, sondern auch einen nachhaltigen, wertbeständigen Dachaufbau. Gerade in der Stadt ist das ein guter Weg, die Lebensqualität in Siedlungsgebieten zu vergrößern“, schwärmt sie. Dank Systemlösungen lassen sich mittlerweile auch Steildächer gut mit dem grünen

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