22 –– ITALIEN
Hoch oben am Monte Sant’Urbano dürfte der Ar- beitseinsatz pro Rebe dreimal so hoch sein, zumal noch al- les in Pergola-Erziehung steht. „Das ist die traditionelle Art, hier Wein anzubauen“, meint Luca, „es ist ja nicht so, dass wir es gar nicht anders probiert haben, aber vielleicht ist die Pergola für unsere Weine einfach die beste Erziehungsme- thode. Andere machen das anders.“
Mehr noch, Giuseppe, Benedetto, Carlo und Eliseo Speri waren nach Gründung der DOC für den Amarone 1968 der Meinung, dass der beste Wein der Region auch eine besonders definierte Herkunft haben müsse, so wie die großen Weine des Burgund. 1974 gab es den ersten Amaro- ne vom Monte Sant’Urbano und bald nur noch den. „Wir wollten keinen Erst- und Zweitamarone machen“, meint
DIE SPERI-FAMILIE – ZUMINDEST EIN KLEINER TEIL ...
Oh ja, das kennen wir, diese Ama- rone mit dem feinen Pattex-Aroma – grauslich. „Und vor allem, das Einzige, das wir nicht konzentrieren können, ist die Säure. Die bleibt so, wie sie ist. Man benötigt also Trauben, die reif, aber nicht überreif sind, die gute Gerbstoffe, aber auch ausreichend Säure haben und die
Luca, „das ist unser Top-Wein – und damit basta.“ Der Einzige, der dazu- kam, war der Superiore aus dem Sant’Urbano. „Unsere Idee war eher, das Terroir noch einmal mehr zu wür- digen. Der Amarone aus voll getrockne- ten Trauben ist, obwohl er bei uns eher auf die elegante Art ausgebaut wird, ein mächtiger, alkoholstarker Wein. Da lag die Idee nahe herauszufinden, was pas- siert, wenn man die Trauben nur kurz trocknen lässt. Wenn man den Mittel- weg zwischen dem eher leicht fruchti- gen Valpolicella Rosso und dem macht- voll extraktreichen Amarone wählt.“
Die Pergola bedeutet viel Auf- wand und lässt sich kaum mechanisch bewirtschaften. „Wir waren in den 90er Jahren die Ersten, die mit einer soge- nannten geöffneten Pergola experimen- tiert haben. Im Prinzip haben wir dabei sowohl die Vorteile des normalen An- baus wie auch des klassischen, denn die Weinreben bilden kein geschlossenes Dach. Sonneneinstrahlung und Belüf- tung sind besser und trotzdem sind der Sonnenschutz und der Winddurchzug aus den Bergen, ähnlich wie bei einer klassischen Pergola. Das haben mittler- weile viele in der Region übernommen.“
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» WIR WOLLTEN KEINEN ERST- UND ZWEIT- AMARONE MACHEN. DAS IST UNSER TOP-WEIN – UND DAMIT BASTA. «
vor allem nicht von Fäulnis befallen sind. Das alles bietet der Sant’Urbano-Weinberg uns.“ Kein Wunder also, dass auch die Trocknung der Trauben in einem alten Haus di- rekt neben dem Weinberg stattfindet. Ein Weinberg übri- gens, der wie alle der Speris biologisch bewirtschaftet wird. „Ach ja“, meint Luca, „als zu den Zeiten meines Urgroßva- ters alle plötzlich anfingen, Pestizide und Herbizide zu ver- wenden, hat der das schon kritisch gesehen. In unserer Fa- milie hat man von den Wundermitteln nie viel gehalten, da waren wir eher traditionell unterwegs.“
2021 VALPOLICELLA CLASSICO SUPERIORE SANT’URBANO Speri Viticoltori | Venetien
Sensationelle Frucht, herrliche Frische, ein Hauch von Amarone, eine Ahnung von Burgund und viel italienische Lebensfreude. Seit ich den Superiore Sant’Urbano das ers- te Mal verkostet habe, bin ich vernarrt in diesen Wein. Er
Ab 2004 hat man dann bewusst an- gefangen, auf alle synthetischen Produkte zu verzichten, „das war zu einer Zeit, in der alle meinten, das geht hier am Rande der Alpen nicht. Zu feucht, zu viel Un- kraut, zu viele Insekten. Wir haben fast sieben Jahre gebraucht, bis wir den Schritt gewagt haben, das auch entsprechend zer- tifizieren zu lassen. Seit 2015 sind wir offi- ziell bio.“ Ein Schritt, den immer noch nur wenige in der Region wagen und von den großen Betrieben keiner. „Jetzt aber doch einen Bollecino in Verona“, meint Luca, „nein, der kommt nicht von unserem Weingut. Wir machen 100 Prozent Rot- wein zu 100 Prozent aus den alten Rebsor- ten der Region. Aber direkt um die Ecke im Trento und etwas weiter im Westen im Franciacorta gibt es ja einige gute Schaum- weine … Wir versuchen hier einfach nur das, was unsere Region auszeichnet, bes- ser zu machen, und die anderen versuchen das in ihrer Region.“ So ist es. ◆
bringt all das zusammen, was ich an Wein mag, und ist dabei kein bisschen anstren- gend, obwohl er anspruchsvoll ist. Ich er- innere mich an den großartigen 2014er, ein Jahrgang, der gerade in Norditalien, vor- sichtig ausgedrückt, anspruchsvoll war. Aber die Speris verzichteten auf den Ama- rone und legten einen sensationellen Super- iore auf. Schmeckt auch zehn Jahre später noch, leider war es die letzte Flasche, die ich Anfang des Jahres verkostet habe. Der 2021er ist aber ein würdiger Nachfol- ger. Jahrgangstypisch etwas dichter und balsamischer, aber mit einer vibrierenden Frische, die auch jedem Burgunderfan eine Gänsehaut bereitet. Es ist erstaunlich, wie die Familie auf der Klaviatur der Trauben- trocknung spielt, denn auch hier merkt man kaum, dass die Trauben den Amarone-Pro- zess, wenn auch deutlich kürzer, durchlau- fen haben. Kein Hauch von flüchtiger Säure oder den oft vorkommenden muffigen No- ten. Keine Überextraktion, die einen beim zweiten Glas schon müde macht. Der Wein steht strahlend da, klar in der Frucht und fast kühl in der Anmutung. Kein Monu- ment, sondern nahbar und charmant. Wie- der ein sensationeller Jahrgang und ein echtes Preis-Genuss-Wunder.
Was passiert, ist schnell erklärt: Es entstand einer der Lieblingsweine unserer Sommeliers. „Das mit dem Trocknen der Trauben ist ja kein Selbst- zweck“, erklärt Luca, „man wollte eben diesen kraftvollen, intensiven Wein haben. In den Zeiten, in denen man den Reifegrad der Trauben noch nicht steuern konnte, war das halt etwas Besonderes, aber was wir im Wein ja eigentlich suchen, ist Eleganz, und das ganz unabhängig von Alkohol- gehalt und Extrakt. Man muss beim Rebmaterial sehr auf- passen. Wenn wir die Trauben trocknen, dann trocknen wir ja alles – die guten wie die schlechten Aromen – und je rei- fer die Trauben, desto schneller hat man überreife und fau- le dabei, das führt dann direkt zu Fehltönen.“ →
Auch bei der Herstellung des Amarone, der jetzt zu den Vorzeigeweinen der Region gehört, waren die Speris vorn dabei. „Bis in die späten 50er Jahre war der Amarone eher ein Zufallsprodukt und nicht besonders hoch angese- hen“, erzählt Luca, „eigentlich wollten die meisten Reciotto machen, also die restsüße Variante. Nur ab und an mal gärte ein Fass komplett durch und dann nannte man es Amarone. Wir gehörten Ende der 50er Jahre zu den ersten Weingü- tern, die diesen Wein regelmäßig und gezielt produziert ha- ben. Der Markt begann sich zu ändern, hin zu eher trocke- nen Rotweinen. Das hat die Familie zum Glück frühzeitig erkannt.“
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