Einfach Italien

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Was ist Tradition in einem Weinanbaugebiet, in dem es vor 60 Jahren nicht einmal 100 Hektar Weinreben gab und in dem bis auf ein Weingut der Großteil der Reben von Landwirten gepflegt wurde, die den Wein für den Eigenbedarf und vielleicht noch für die Osteria nebenan produzierten? Weinbau ist in Montalcino immer nur ein lokales Thema gewesen.

ALTESINO

Als Elisabetta Gnudi Angelini 2002 den Palazzo und das Weingut übernahm, war sofort klar. Der Stil, der Altesino auszeichnete, wurde nicht geändert, sondern nur verbessert

D a ein großer Teil des Weins von Anfang an nach Amerika ging und dort gerade schwere und kraftvolle Weine en vogue waren, wurde auch der Brunello schwer und kraftvoll. Damit die Sangiovese ihren etwas rauen Cha- rakter ablegte, gab man ihr einfach aus- reichend Reifezeit, mindestens fünf Jahre. Eine der wichtigsten Entschei- dungen, als man die DOC bzw. DOCG initiierte, war, dass eine lange Reifezeit gleichzeitig auch als hohe Qualität galt. In der Goldgräberstimmung, die seit den 70ern rund um Montalcino aus-

und verfeinert. Indem sie für die Wein- gutsmannschaft bessere Bedingungen schuf, mit moderner Technik und einem von Grund auf renovierten Keller, er- reichte sie noch einmal einen ordentli- chen Qualitätssprung. Aber obwohl da- mals Parker & Co. die machtvollen Weine deutlich bevorzugten, blieb es eher bei großen Holzfässern und elegan- ten Weinen. Man passte seinen Stil nicht den Kritikern an, sondern dem, was die Weinberge hergaben und dem, was man selbst für richtig und typisch hielt. Der Kundenzuspruch war trotz ver- haltener Bewertungen gut. Irgendetwas

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hatte man also richtig gemacht. Verkoster kamen und gin- gen, die Kunden blieben und irgendwann änderte sich bei den Weinauguren auch die Ansicht darüber, wie Brunello zu schmecken habe. Langsam reifte die Erkenntnis, dass Röst- und Vanillearomen kein notwendiger und auch kein eigentlicher Bestandteil guter Weine seien. Und siehe da, die Punktzahlen für die Weine von Altesino stiegen – und damit natürlich auch die Nachfrage. ◆

brach, mussten Weine konzentriert und mit ordentlich Bar- riquewürze versehen sein. Also wurde der Brunello schnell zum Inbegriff dieses Stils für Italien. Im Palazzo Altesi, einer Villa aus dem 15. Jahrhun- dert, sah man das etwas anders. Kraft allein war hier nie ein Thema, und obwohl man zu den Ersten gehörte, die mit den kleinen französischen Holzfässern experimentier- ten, kamen die Weine dann doch eher in die traditionellen großen Fässer. Man wollte mit „double toasted“-Barriques

1. | DIE BEKANNTE ITALIENISCHE WINZERIN UND UNTERNEHMERIN ELISABETTA GNUDI ANGELINI. 2. | INNERHALB DER HISTORISCHEN MAUERN DES PALAZZO ALTESI WURDEN TEILE DER EINDRUCKSVOLLEN KELLER WIEDERHER- GESTELLT. nicht jeden Anflug von Eleganz mit Röst- und Vanillearomen zudecken, wie damals oft üb- lich. 1975 ging man sogar noch einen Schritt weiter. Man huldigte eher dem Burgund als dem Château-Prinzip des Bordeaux. Monto- soli hieß der erste Einzellagen-Brunello, eine bis heute eher rare Spezies.

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SEPTEMBER 2024

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