2.3 Das Vertrauen des Patienten, dass der Analytiker die Vertraulichkeit wahren wird Damit eine Psychoanalyse möglich ist, muss der Analysand darauf vertrauen können, dass der Analytiker die Vertraulichkeit seiner Kommunikation wahrt. Es ist nicht notwendig, dass der Analysand dem Analytiker in jeder Hinsicht vertraut, und es mag sogar klinisch unerwünscht sein, aber ohne Vertrauen in die Bereitschaft und Fähigkeit des Analytikers, die Vertraulichkeit zu wahren, wird die gemeinsame Unternehmung einer Psychoanalyse nicht möglich sein, weil es weder für den Patienten möglich sein wird, frei zu assoziieren, noch für den Analytiker, frei zuzuhören. 2.4 Die Möglichkeit eines unlösbaren Konflikts zwischen konkurrierenden Bedürfnissen oder Ansichten Wir können Vertraulichkeit im Rahmen unserer beruflichen Beziehungen auf mindestens zwei verschiedene Arten konzipieren. Wenn wir von Vertraulichkeit ausschließlich in Bezug auf die Beziehung zwischen Analytiker und Analysand sprechen, kann die Notwendigkeit, dass der Analysand dem Analytiker vertrauen kann, dass dieser die Vertraulichkeit wahrt, in Konflikt mit dem ethischen und wissenschaftlichen Bedürfnis des Analytikers geraten, anonymisiertes Material bei Supervision, im Unterricht und durch Veröffentlichung Kollegen mitzuteilen. Wenn wir andererseits an Vertraulichkeit in Bezug auf eine Beziehung denken, deren Qualität und Integrität von Anfang an die Einbeziehung psychoanalytischer Kollegen als Dritte erfordert, denen der Analytiker klinisches Material „vertraulich“ mitteilt, kann es sein, dass der Analysand diese Ansicht nicht teilt, wobei es in diesem Fall, zu einem Konflikt zwischen den Vorstellungen des Analytikers und jenen des Analysanden zu Vertraulichkeit kommen kann. So oder so, ein Konflikt zwischen den Ansichten des Analytikers und des Analysanden kann unlösbar sein. 2.5 Vertraulichkeit als ethische und technische Grundlage der Psychoanalyse Das Prinzip, dass Vertraulichkeit eine der Grundlagen der Psychoanalyse ist, ist nicht nur eine Frage der Ethik, sondern auch der psychoanalytischen Technik, wobei die ethischen und technischen Aspekte untrennbar miteinander verbunden sind. Der Schutz der Vertraulichkeit der Patienten involviert daher die IPV in eine ethische Regelung der psychoanalytischen Praxis. Die Herausforderung für Analytiker besteht darin, dass das Objekt unserer Studie, das Unbewusste, ebenso Teil unseres Seins ist wie das unseres Patienten, und ebenso wahrscheinlich auf unerwartete Weise auftauchen wird. Unser Wunsch, unsere Patienten zu schützen, kann durch unbewusstes Streben in uns selbst untergraben werden. Aus diesem Grund wird in diesem Bericht der regelmäßige Rückgriff auf das nicht wertende Zuhören von Kollegen vor der Präsentation oder Veröffentlichung von klinischem Material als unerlässlich angesehen, um unbewusste Erregung, die durch den Prozess hervorgerufen wird, zu erkennen. Doch auch dies hat seine eigenen Fallstricke und Grenzen.
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