Weinbrevier Deutschland

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Hebt man vom Stuttgarter Fußballstadion aus den Blick, weitet sich die Landschaft Richtung Remstal, vis-a-vis der Westtribüne zeigt sich der beeindruckende Lämmler, eine Große Lage des VDP. Dass die Reben hier besser gedeihen, weil am Spieltag die Gesänge der Cannstatter Kurve herüberziehen, muss man jedoch ins Reich der Legenden verweisen. Nur wenig Lärm dringt hoch zum Lämmler und das nicht nur, wenn der VfB auswärts spielt.. Auf den warmen Keuperböden mit ihren vielfältigen Bodenarten gedeihen Riesling, Spätburgunder und natürlich der klassische Lemberger.

RAINER SCHNAITMANN C O L D C L I M A T E I N S T U T T G A R T

S . 79 siehe WEINLISTE

Eine der spannendsten Entwicklungen im Weingut läuft beim Sauvignon Blanc, der in den 90er Jahren zusammen mit Rainer ins Weingut eingezogen ist. Während seiner Ausbildung war er unter anderem in Neuseeland und hat dort mit der Sorte gearbeitet. „Und die ganze Zeit dort hatte ich diesen Trollingerweinberg zuhause im Hinterkopf, den fand ich perfekt für Sauvignon Blanc. Er ist in Richtung Südosten ausgerichtet, auf Kieselsandstein, im Spätsommer ist da um vier die Sonne weg und die Kälte kommt aus dem Wald den Hügel herunter. Das ist perfektes Terroir!“ Heute ist der Weinberg, von dem der Iflinger Sauvignon Blanc stammt, der älteste Sauvignon-

R ainer Schnaitmann, per Videochat aus Fellbach zugeschaltet, kommt schnell ins Schwärmen: „Das ist eine der Besonderheiten hier: Wir haben oft 250 Meter Höhen - unterschiede in den Weinbergen. Und dann haben wir recht unter - schiedliche Böden: Muschelkalk ganz unten, dann Gipskeuper, bunte

Mergel, und auch verschiedene Sandstei - ne.“ Dieser Komplexität begegnen die Winzer aus Württemberg traditionell mit einer Vielfalt an Rebsorten. Rainer sagt aber, dass er sich lieber fokussieren will. Er gibt ein Beispiel: „Wenn es weiter in das Remstal hineingeht, in Schnait und Beutelsbach, war früher mal der Silvaner sehr wichtig, das ist zwar fast vergessen, aber eigentlich die traditionelle Sorte dort.“ Verschmitzt lächelt er: „Ich habe kurz darüber nachgedacht, ob ich diese Tradition wiederaufleben lasse. Aber bevor wir am Schluss den Franken Konkurrenz machen, kümmere ich mich doch lieber um meine Kernrebsorten, da gibt es genug zu tun.“ Riesling nimmt natürlich einen großen Teil der Weinberge ein, den traditionellen Trollinger bauen wir nur noch auf alten Weinbergen und als Natur - wein aus, so macht er uns große Freude und hat durchaus Zukunftspotenzial. Mit dem Spätburgunder hat Rainer die ersten Meriten für das junge Weingut eingefahren

Weinberg im Remstal. Das Gewann heißt Wiflinger, „aber wir haben dann einfach das W weggelassen“, da die Originalwein - bergsnamen damals nicht zugelassen waren. „Sauvignon passt perfekt in die Höhenlagen des Remstals, sie kann in der Zukunft eine sehr spannende Rolle spielen. Für mich ist sie bereits jetzt eine sehr wichtige Sorte!“ Über 25 Jahre sind viele Weinberge und einiges an Erfahrung dazu gekommen, inzwischen gibt es auch einen Gutswein (die „Steinwiege“) und eine weitere Ausdifferenzierung nach Lagen ist geplant. Dabei stört es ihn nicht, dass die Rebsorte in Württemberg keine allzu große Rolle spielt. Auch in Sancerre, für viele ein Synonym für Sauvignon Blanc, sagt Rainer, konzentriere man sich noch nicht seit grauer Vorzeit auf die Sorte. „Über Chasselas und Pinot Noir sind die Winzer dort erst vor 100 Jahren so richtig auf den Sauvignon gekommen – und jetzt

» IMSPÄTSOMMER IST DAUMVIER DIE SONNEWEG UNDDIE KÄLTE KOMMT AUS DEMWALDDEN HÜGEL HERUNTER. DAS IST PERFEKTES

TERROIR! « Rainer Schnaitmann

und dementsprechend experimentiert er auch mit Chardonnay und anderen weißen Burgundersorten auf den passenden Lagen. Liebe - voll pflegt er noch den Muskattrollinger, eine sehr alte Sorte aus der Muskatellerfamilie, den er immer ganz durchgegoren ausbaut, von dem es nie große Mengen gibt. „Ein toller Aperitif! Ein unkomplizier - ter Spaß, bei dem die Flasche immer überraschend schnell leer ist.“

nimmt der Pinot wieder zu! Es gab schon immer große Veränderun - gen im Weinbau, Rebsorten und Techniken sind nicht einfach vom Himmel gefallen, und vieles machen wir wieder wie unsere Urgroß -

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