Weinbrevier Deutschland

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A. CHRISTMANN W E N I G E R I S T M E H R „Was ich jetzt mache?“, meint Sophie Christmann lächelnd, „So arbeiten, wie ich es in Geisenheim nicht gelernt habe …“ Klingt erst einmal seltsam, aber „im Studium standen immer Sicherheit und schnelle Konsumierbarkeit im Vordergrund. Kühl vergären, möglichst mit Reinzuchthefen. Das Ergebnis ist ein guter, fruchtbetonter, aber irgendwie auch immer gleicher Riesling.“ Klar, denke ich, wenn man in der Genossenschaft viele unterschiedliche Partien hat oder einen einfachen Sommerwein für die Terrasse machen will, dann muss man, sollte man so arbeiten, das macht wirtschaftlich und auch für den Kunden Sinn. Das Schöne an Wein sind aber seine Vielfalt und die unterschiedlichen Ideen, die sich dahinter verbergen. Bei der Familie Christmann ist man eben auf einem anderen Weg, der zwar schwieriger, aber genauso sinnvoll ist.

S teffen Christmann, der „im Nebenberuf“ noch Vorsitzender des VDP ist, ging schon stark in die Richtung, sich ausschließlich auf Top-Weine zu konzentrieren. „Glaubst du, dass ein Weingut auch einen Hauswein unter Zehn Euro anbieten muss?“, hatte er mich vor einigen Jahren mal gefragt. „Ich glaube, Romanée-Conti bietet auch keinen Zehn-Euro-Wein an“, war damals meine Antwort und wir haben sehr gelacht. Aber, und das wird jetzt auch im Gespräch mit Sophie klar, die meisten Winzer in Deutschland denken, sie müssten unbedingt irgendwie noch einen Basis-Wein für kleines Geld im Sortiment haben. Man könnte ja sonst zu abgehoben wirken auf die Gastronomie, zufällige Urlauber, greise Kunden, die schon der Großvater bediente oder die Nachbarn. Ich weiß nicht, ob das wirklich kundenorientiert ist, wenn ich es bei einem Produkt wie Wein jedem recht zu machen versuche. Allzu viel Angebot für jeden, das erinnert mich manchmal schon an den deutschen Asia-Imbiss, der irgendwann anfing, neben Pizza auch Indisch, Sushi und jetzt Burger und Pulled Pork anzubieten. Was kann ich mir von so einem Laden erwarten? In Asien gibt es Straßenküchen, die seit zwanzig Jahren immer nur ein Gericht zubereiten. Da habe ich eine klare Vorstellung was mich erwartet, eben genau das eine, und zwar in Perfektion.

S . 68 siehe WEINLISTE

Sophie und Steffen leisten sich mehr und mehr, was vielen Winzern in Deutschland vielleicht nicht schlecht anstünde: mehr Selbstbewusstsein und weniger Weine. „Es wird bald bei uns im Einstieg nur noch Ortsweine geben“, meint Sophie, „wir haben in den letzten Jahren die Anbaufläche verkleinert und uns auf die besten Lagen konzentriert. In Neustadt haben wir in der historischen Top-Lage Vogelsang Flächen dazubekommen, dafür haben wir dann einfachere Weinberge abgegeben. Das Ziel ist es nicht, mehr Wein zu machen, sondern sich auf die allerbesten Weinberge zu konzentrie - ren. Irgendwie klappt das nicht, dass wir den einen Weinberg mit unseren biodynamischen Methoden auf absolute Spitzenqualität trimmen und den anderen, vielleicht 500 Meter entfernt, auf Masse und Verständlichkeit. Im Keller das Gleiche. Wahrscheinlich sind wir da einfach nicht flexibel genug …“ Vielleicht ist es aber auch einfach clever, nicht übermäßig flexibel sein zu wollen. Im Burgund gibt es sehr viele Top-Domaines die gar keinen Bourgogne générique mehr machen, sondern direkt bei Meursault oder Pommard Villages anfangen. Warum auch nicht, wenn man die entsprechenden Lagen hat und dort ausschließlich beste Qualitäten erzeugt.

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1. | STEFFEN UND SOPHIE ARBEITEN IM TEAM.

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JUNI 2021

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