IHK-Magazin Ausgabe 4/2025

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TROLL SPIELZEUG Von der Kundin zur Inhaberin In Heidelberg stand (wieder einmal) ein alteingesessenes Geschäft vor dem Aus. Bis der Zufall half. Und die IHK beratend zur Seite stand.

Verantwortung übernehmen. „Das motiviert mich, zielführend und produktiv zu sein.“ Die Arbeitstage sind lang – zwölf Stunden oder mehr. „Das muss man wollen.“ Auch mit büro- kratischen Hürden sei zu rechnen: „Doch das gehört dazu. Es wäre ein Fehler, sich daran aufzureiben.“ Am Ende gibt aber nicht Kalkül, sondern das Bauchgefühl den Ausschlag. Vanessa Müller erinnert sich noch genau an den Tag. „Es war ein hektischer Vormittag, im Unternehmen meines Lebensgefährten war viel los“, erzählt sie. Zur Mittagszeit sei ihr Lebensgefährte in die Märzgasse gegangen, um etwas zu essen zu holen. Als er zurückkam, habe er das Essen auf den Tisch gestellt, habe sie angesehen und gesagt: „Ich war jetzt beim Troll. Wollen wir das machen?“ Mit „machen“ meint er: über- nehmen. Burkhard Lamcken hatte sich zu diesem Zeit- punkt eigentlich längst mit einem Aus abge- funden. „Als der Lebensgefährte von Vanessa Müller kurz vor der Schließung kam und sagte, sie könnten sich vorstellen, das Geschäft zu übernehmen, habe ich das nicht sonderlich ernst genommen.“ Doch dann ist es anders ge- kommen. „Ich freue mich für die Kunden,

B urkhard Lamcken hatte bereits seit Län- gerem erwogen, den Troll zu schließen. Doch erst als der Vermieter den Vertrag für die Räumlichkeiten nicht mehr verlängert, ist für den 67-Jährigen der Zeitpunkt gekommen, einen Schlussstrich unter sein zwanzigjähriges Lebenswerk zu ziehen. Er hofft, einen Nach- folger für das Spielzeuggeschäft in Heidelberg zu finden. Er hängt einen Zettel an die Tür: „Wir schließen. Nachfolger gesucht“. Als die Kundschaft das liest, ist sie entsetzt: „Schon wieder schließt ein inhabergeführ- tes Geschäft.“ Eine der Kundinnen ist An- fang 2025 Vanessa Müller. Sie erzählt ihrem Lebensgefährten davon, und der antwortet: „Wir können den Troll ja weiterführen.“ Doch Vanessa Müller, 36 Jahre alt, Bildungswissen- schaftlerin, zögert. Bis zur Elternzeit – das Paar hat zwei kleine Kinder – war sie im öffentlichen Dienst tätig. Ihr Lebensgefährte betreibt bereits ein Unternehmen. Seit sie dort mitarbeitet, ist ihr klar geworden: Zurück ins Angestelltenverhältnis? Das will Vanessa Mül- ler eigentlich nicht mehr. Sie sagt, sie arbeite gerne, wolle kreativ sein, Dinge gestalten,

Übernehmerin Vanessa Müller, Alt-Inhaber Burkhard Lamcken. Beide haben das

IHK-Unterstüt- zungsangebot genutzt.

Einfach übernehmen

Klar habe ich Muffen- sausen, aber ich sehe das als Geschenk und werde das Beste daraus machen.

Rund 1500 Unternehmen stehen jedes Jahr im Bezirk der IHK Rhein-Neckar zur Nachfolge an. Nur ein Teil davon bleibt in der Familie. Der Unternehmenskauf kann daher eine gute Option für den Weg in die Selbstständigkeit sein. Das Risiko zu scheitern ist hier deutlich geringer als bei einer Neugründung. ihk.de/rhein-neckar/ nachfolge

Vanessa Müller

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IHK Magazin Rhein-Neckar 04 | 2025

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