IHK-Global Business Ausgabe 7/2024

US-WAHL 2024

deutlich um 103 Milliarden US$ auf noch knapp 280 Milliarden US$. Das US-Handelsbilanzdefizit mit der Europäischen Union blieb mit 208 Milliarden US$ fast unverändert und ist damit deutlich näher an das Niveau des US-Handelsbilanzdefizit mit China herangerückt. Ob die EU deshalb stärker ins Fadenkreuz der Handelspolitik eines künftigen Präsi- denten Trump geraten wird, ist offen. Im Vergleich: Mit Mexiko und Viet- nam weisen die USA ein sehr schnell wachsendes Handelsbilanzdefizit auf und das gerade im Fall Vietnam bei einem deutlich kleineren Handels- volumen. Bei einem Handelsvolumen mit Vietnam von 124,2 Milliarden US$ beträgt das US-Handelsbilanz- defizit 104,6 Milliarden US$. US-Ex- porte nach Vietnam machen nicht einmal 9 Prozent der US-Importe aus dem Land aus. Die US-Exporte in die EU27 betragen dagegen immerhin 64 Prozent der US-Importe aus der Europäischen Union. Gleichzeitig steigt unter Republika- nern der Argwohn, dass sich hinter den schnell wachsenden Importen aus Vietnam und Mexiko verkappte chi- nesische Lieferungen verbergen. Bei seinem Wahlkampfauftritt am 15. Juni in Detroit rief Donald Trump seinen Zuhörern zu: „Right now Mexico is building the biggest car plants any- where in the world and they want to sell the cars back into the United States. They are stealing your jobs. Who would allow that to happen? And you know who owns the car plants being built in Mexico? China!” Auch wenn nach dem bisherigen Trumpschen Narrativ dank seines Einsatzes das „worst treaty ever“, das Freihandelsabkommen Nafta, durch das „best treaty ever“, das USMCA, ersetzt wurde, ist es durchaus mög- lich, dass Trump die im Juli 2026 anstehende Novellierung des USMCA nutzt, um aus seiner Sicht bessere Konditionen für die USA heraus- zuholen. Nicht ausgeschlossen ist auch, dass er die vertraglich zulässige Möglichkeit forciert, mit einer halb- jährigen Kündigungsfrist aus dem USMCA-Abkommen auszusteigen. Wer für sein US-Geschäft oder Pla- nungen zum US-Geschäft die aktuell besseren Zugänge per USMCA

Streben der kommunistischen Partei Chinas nach Weltdominanz als größte Gefahr für diese wahr. Zudem sei die nationale Sicherheit der USA bedroht, weil es den USA an ausreichend öko- nomischer, insbesondere industrieller Stärke fehle, um ihre militärische Un- abhängigkeit zu gewährleisten. Seismograph der zu schwachen industriellen Basis der USA sei das Handelsbilanzdefizit der USA, es zei- ge die Abhängigkeit von Warenbezü- gen aus anderen Ländern. Besonders risikoreich sei die Abhängigkeit von dem nach Weltdominanz strebenden kommunistischen China, aber auch die Abhängigkeit von Zulieferungen aus anderen Ländern, da Lieferketten gerade in Krisenzeiten gestört werden können. Das Handelsbilanzdefizit resultiere zu einem Gutteil auf unfairen Han- delspraktiken anderer Länder. Diese nutzten aus, dass sie mit höheren Zollsätzen als die USA US-Waren aus ihren Märkten fernhalten und die gleichen Waren aus eigener Produk- tion vergleichsweise leicht in die USA einführen könnten. Als Beispiel führt Navarro die Einfuhrzölle der USA an, welche für ausländische Autos aus WTO-Mitgliedsstaaten unter der Most-Favored-Nation-Klausel 2,5 Pro- zent betrügen, die der Europäischen Union (EU) hingegen 10 Prozent, die der Volksrepublik Chinas 15 Prozent und die Brasiliens 35 Prozent. Auch bei nicht-tarifären Handels- hemmnissen setzten andere Länder höhere Handelshemmnisse ein, um US-Waren von ihren Märkten fernzu- halten. Gleichzeitig würden Export- eure aus diesen Ländern vom niedri- geren Niveau in den USA profitieren. Eine weitere unfaire Praxis sei Währungsmanipulation, indem der Wert der eigenen Währung künstlich gegenüber dem US-Dollar (US$) ge- senkt würde. „Reziproker“ Ansatz bei Handelshemmnissen Um die eigene industrielle Basis zu stärken, sollten sich die USA deshalb reziprok zu ihren Handelspartnern verhalten. Er schlägt dazu die Verab- schiedung des schon 2019 vorgeleg- ten „United States Reciprocal Act –

USRTA“ vor. Auf Basis des USRTA sollten die USA drohen, die eigenen Zölle und nicht-tarifären Handels- hemmnisse auf das höhere Niveau des jeweiligen Handelspartners zu erhöhen. Ziel solle dabei sein, das andere Land dazu zu bringen, seine Beschränkungen auf das US-Niveau zu bewegen. Im Fokus: China, EU27, Mexiko und Vietnam Die neue Administration solle die Verhandlungen um Handelshemm- nisse nach Prioritäten führen. Ganz oben sollten jene Länder stehen, mit denen die USA ein vergleichsweise großes Handelsbilanzdefizit aufwei- sen und die höhere Zölle auf US- Waren erheben, als die USA umge- kehrt. Nach den Berechnungen des White House Office of Trade and Ma- nufacturing Policy aus dem Jahr 2019 stünden oben auf der Prioritätenliste die Volksrepublik China und Indien, gefolgt von einer zweiten Prioritäten- gruppe gebildet aus Thailand, Taiwan, der EU und Vietnam. Ebenfalls auf dem Radar folgen Malaysia und Japan. Indien wiese im Durchschnitt fast um zehn Prozentpunkte höhere Zölle auf US-Waren auf als die Höhe der Einfuhrzölle der USA auf indische Waren. Bei der Volksrepublik China, Thailand und Taiwan betrüge die Dif- ferenz zwischen 6-8 Prozentpunkten, bei Vietnam zwischen 4-6 Prozent- punkten und bei der EU, Malaysia und Japan zwischen 0-2 Prozent- punkten. Die EU wird von Navarro trotzdem in der zweiten Prioritäten- gruppe für „Gespräche“ auf Basis eines „reziproken Handelsansatzes“ nach USRTA gesehen, weil Europa deutlich hinter der Volksrepublik China und deutlich vor allen anderen Handelspartnern den größten Han- delsbilanzüberschuss mit den USA aufwiese. Da Navarros Ansatz gute Aussich- ten darauf hat Basis der Handelspoli- tik einer Trump-II-Administration zu werden, haben wir die aktuellen Volljahreszahlen der US-Handelsbi- lanz beleuchtet. Danach schrumpfte das US-Handelsbilanzdefizit mit China in 2023 gegenüber 2022

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IHK Global Business 07/2024

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