I nS ThAaNltD O R T
GELINOVA Produkte für Lidl und Co. Wer schafft mit 80 Jahren 30 neue Arbeitsplätze? Wer brennt in diesem Alter noch für seine Erfindung? Es ist Dr. Peter Koepff in Neidenstein.
P eter Koepff ist geschäfts- führender Gesellschafter von Gelinova. Das Werk wurde in den Jahren 2019 und 2020 errichtet; eine Investi- tion von 20 Millionen Euro, gefördert durch Berlin und EU mit 2,3 Millionen Euro. Das Produkt steckt im Namen: Das Unternehmen hat neue Wege gefunden, den Grundstoff Ge- latine zu verarbeiten. Ihn stellt die Firma Juncà in Spanien her, aus Haut und Knochen von Schweinen. Als Pulver kommt der Grundstoff in die Produktionshalle der Gelinova, abgefüllt in zahl- losen Säcken, die sich auf Paletten stapeln. In der Nähe liegt ein Holzkasten mit einem „Doppelschnecken-Extruder“, wie Koepff erklärt, „eine welt- weite Neuheit!“ Er diene als Reserve – und weist in der För- derrichtung sehr unterschied- liche Windungen auf. „Darauf hatte mein alter Arbeitgeber ein Patent, das ausgelaufen ist“, sagt der Geschäftsführer.
„Also konnte ich es nach dem Arbeitnehmererfindergesetz übernehmen.“ Solche Extruder sind in der Kunststoffindustrie üblich, eingesetzt in der Granulat- produktion mit Polyetylen. Koepff erkannte die Chance, diese Technologie auch in der Gelatine-Herstellung zu verwenden. Sein patentierter Extruder mischt den trockenen Grundstoff aus Spanien mit Wasser. Ergebnis: eine ho- nigartige Masse. Es folgt eine komplizierte Verarbeitung mit sechs Temperaturstufen, bis am Ende Gelatine-Päckchen im Supermarkt-Format in Kar- tons wandern – mit dem Logo großer Kunden wie Lidl oder Dr. Oetker. Gelatine ist vielseitig: im Kon- takt mit Flüssigkeit erstarrt sie, wobei eine weiche Textur entsteht, etwa bei Gummibär- chen oder Desserts. Gelatine dient als Verdickungsmittel bei
Saucen oder Pudding. Sie lässt sich als Stabilisator einsetzen, was die Trennung von Zutaten in Mischungen verhindert. Wichtig für die Lebensmittel- industrie. Weniger bekannt ist die Funktion als Klärmittel. Gelantine ist in der Lage, in Flüssigkeiten feinste Schweb- stoffe einzufangen, die sich dann am Boden absetzen. So lassen sich zum Beispiel Klar- heit und Geschmack von Wein verbessern. An der Seite von Koepff steht Professor Egon de Groot – als Stellvertreter in der Geschäfts- leitung. De Groot war in der Wissenschaft und Pharma- zeutischen Industrie tätig. Er arbeitet mit Koepff an einer Innovation, die nächstes Jahr auf den Markt kommen soll: eine Bio-Folie aus Gelatine. „Sie wird hauchdünn und reiß- fest sein“, erläutert De Groot. „Außerdem ist sie einfach bio- logisch abbaubar. Gemeinsam mit Papier ist die Bio-Folie re- cyclefähig und muss nicht ge- trennt aufgearbeitet werden.“ Damit sei sie besonders geeig- net für Verpackungen, die ein Sichtfenster erfordern, etwa Trockenprodukte. „Bestimmte US-Staaten geben eine Pflicht für solche Sichtfenster vor“, so der Forscher. Erstaunlich, was alles mit Gelatine möglich ist. De Groot zeigt einen „Wobbler-Köder“ für den Angelsport, der in der Entwicklung ist. Genau- so wie eine Gelatinefolie, die sehr dünn und aromatisiert ist – und als „mouth refresher“ dienen soll.
ZAHLEN UND FAKTEN
2019 Eröffnung des Wer - kes in Neidenstein 30 Mitarbeiter
So dünn, dass sie kaum zu sehen ist: Gelinova-Chef Peter Koepff zeigt eine Bio-Folie aus Gelantine.
36
IHK Magazin Rhein-Neckar 07 | 2025
ihk.de/rhein-neckar
Made with FlippingBook Learn more on our blog