R e li e fs k ulp t u ren im z w is c h en 12 5 v . Ch r . u n d 6 0 n . Ch r . er b a u ten Te mp e l d er Gött i n H at h or i n Ägy p ten
Welches ist die älteste
künstliche Farbe der Welt?
Z um Färben von Kleidungsstücken, Zeichnen und zum Schminken der Haut nutzten Menschen seit jeher Farbstoffe aus der Natur – etwa aus farbigem Lehm oder Pflanzen. Doch um 2500 v. Chr. entwickelten die Ägypter eine neue, revolutionäre Methode, um Farbstoff her- zustellen: Sie vermischten ursprünglich nicht farbige Aus- gangsstoffe wie Quarzsand, Kalk, Natron und Kupfersalze und erhitzten sie stark. Auf diese Weise gewannen sie durch chemi- sche Synthese ein leuchtend blaues, leicht glitzerndes Pig- ment: Ägyptisch Blau, die älteste künstliche Farbe der Welt. Schon bald bemalten die Ägypter Figuren, Wände und Sar- kophage damit, später schauten sich auch andere Kulturen des Mittelmeerraums wie die Griechen das Rezept ab. Denn anders als natürliche Farbstoffe war Ägyptisch Blau leichter verfügbar und billiger in der Herstellung. Und haltbar: Bis heute kann man die Farbe auf ägyptischen Funden der Antike gut erken- nen. Auffallend ist, dass Ägyptisch Blau nie gleich aussieht: Manchmal wirkt es fast schwarz, anderswo eher gräulich oder grünlich. Forscher vermuten, dass die Färber bei der Zuberei- tung unterschiedliche Mischungen verwendet haben. Papyri mit schriftlichen Rezepten wurden jedoch nie gefunden.
Ein Team um den Materialforscher John McCloy von der Washington State University hat sich der Sache deshalb jetzt auf ungewöhnliche Weise angenommen – durch Ausprobieren! Die Materialforscher mischten verschiedene Rezepte, von denen sie vermuteten, dass die Ägypter sie so oder so ähnlich verwendet haben mussten. Sie verrührten Siliziumdioxid, Calcium- und Natriumcarbonat sowie verschiedene Kupfer- minerale und erhitzten sie unterschiedlich stark und lange. Anschließend untersuchten sie die Resultate mit Mikroskopen, Spektrometern und Röntgen und verglichen sie mit Farbresten original antiker Gegenstände. Dabei zeigte sich, dass schon kleine Abweichungen in der Rezeptur große Unterschiede im Erscheinungsbild nach sich zogen. Auch die Größe der Partikel
und die Backzeit spielten bei der Ausbildung des Blautons eine Rolle. Zurzeit werden die nach ägyptischer Art hergestellten Pigmente im Carnegie Muse- um of Natural History in Pitts- burgh ausgestellt. (us)
E i n ant i ker H o lzf a l ke, ver zi ert mi t g u t er h a l tenen Pi g m enten von Ägy p t is c h B l a u
9/2025
Made with FlippingBook flipbook maker