P.M. Schneller Schlau

Muss der Bundesrat jedem Gesetz zustimmen?

K urze Antwort: Nein. Das heißt aber nicht, dass die 16 Bundes- länder, die gemeinsam den Bundesrat bilden, bei der Ent- stehung eines neuen Gesetzes außen vor bleiben. Im Gegenteil: Nach den verhee- renden Erfahrungen während der Zeit des Nationalsozialismus haben die Ver- fasser des Grundgesetzes ganz bewusst darauf geachtet, die politische Macht nicht noch einmal allein in die Hände einer zentralen Regierung zu legen – auch die Länder mit ihren unterschied- lichen Interessen sollen an der Gesetz- gebung mitwirken. Die jeweiligen Lan- desregierungen entsenden Mitglieder in den Bundesrat, mithin geht also auch hier die Macht vom Volke aus.

Es gibt zwei Arten von Gesetzen: Bei den meisten (etwa 60 Prozent) handelt es sich um sogenannte Einspruchsgeset- ze. Hierzu gehören unter anderem Be- stimmungen, die nicht die Interessen der Bundesländer betreffen und für ganz Deutschland eine Bedeutung ha- ben: zum Beispiel ein neues Gesetz zur Bekämpfung der Cyberkriminalität. Be- vor so ein Gesetz in Kraft tritt, kann der Bundesrat als Vertretung der Bundes- länder zwar Einspruch dagegen einle- gen, aber die Mitglieder des Bundestages (also das Parlament) können die Ein- wände mit einer Mehrheit zurückwei- sen. Anders sieht es bei der zweiten Ge- setzesart aus. Bei einem sogenannten Zustimmungsgesetz muss im Bundesrat

eine Mehrheit der Abgeordneten mit dem geplanten Gesetz einverstanden sein, sonst tritt es nicht in Kraft. Wenn sich keine Mehrheit für die Zustimmung findet, besteht noch die Möglichkeit, dass der sogenannte Vermittlungsaus- schuss einberufen wird. In ihm sitzen 16 Mitglieder vom Bundesrat und 16 vom Bundestag; sie sollen gemeinsam einen Kompromiss finden und einen verän- derten Entwurf formulieren, der dann erneut zur Abstimmung gelangt. Bevor das von Bundesrat und Bun- destag beschlossene Gesetz in Kraft treten kann, muss noch jemand prüfen, ob es auch verfassungsgemäß ist, und es anschließend unterschreiben – das macht der Bundespräsident. (mt)

Je nach Größe der Bevölkerung ist ein Bundesland mit drei bis sechs Personen im Bundesrat vertreten. Insgesamt hat das Verfassungsorgan 69 Mitglieder

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