P.M. Schneller Schlau

FREIZEIT

Wo fliegen eine Woche lang glühende Holzstücke ins Tal? W enn Funken sprühen und glühende Holzscheiben eine Lichtschnur in den Abendhimmel malen, geht in der Schwarzwaldregion so langsam die Fast- nachtszeit zu Ende, und die Fastenzeit fängt an.

Außer am Aschermittwoch werden in Bernau beginnend am Fastnachtsonntag eine Woche lang solche Scheiben von Berg- höhen aus über eine Rampe ins Tal hinausgeschlagen. Sie drehen sich dann wie ein Diskus. Um sie zu entzünden, werden in sieben hoch gelegenen Ortsteilen Feuer entfacht, die von Weitem zu sehen sind. Auch andere Orte des Schwarzwaldes, im Südvorarlberg und in Tirol pflegen diesen Brauch, teils erst am sogenannten Funkensonntag, dem ersten Sonntag der Fastenzeit. Das »Scheibenschlagen« gehört zur schwäbisch- alemannischen Fastnacht wie das Dreigestirn aus Prinz, Bauer und Jungfrau zu Köln. Damit soll der Winter vertrieben werden. Entstanden ist der Brauch angeblich im Jahr 1090, als eine brennende Scheibe ein Nebengebäude des Klosters Lorsch in Brand setzte. So ist es urkundlich erwähnt. Wenn die Scheibe wie eine Sternschnuppe den Nachthim- mel erleuchtet, also nicht schräg herunterfällt, sondern einen hohen Bogen beschreibt, dann »glüht die Luft«, sagen die Schwarzwälder. Als perfekter Schlag gilt, wenn die Scheibe 300 Meter weit fliegt. Dazu ist mehr Technik als Kraft erforder-

So vertreiben Schwarzwälder den Winter: ein Feuer auf dem Berg entfachen, Holzscheiben anbrennen und ins Tal schlagen (unten)

lich, das behaupten jedenfalls die Profis unter den Scheiben- schlägern. Auch flotte Sprüche seien wichtig beim Schlagen, schreibt die Rhein-Zeitung. Oder man widmet seine Scheibe witz- oder liebevoll einer bestimmten Person: »Schiibi, Schibo, wäm soll die Schiibe go, si soll go zu …« Darauf folgt ein Name. Ob es dann bei der betreffenden Person funkt? (dim)



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02/2024

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