PSYCHOLOGIE
Gibt es auf Ebay ein perfektes erstes Angebot?
E in Forschungsteam von der Eu- ropean School of Management and Technology Berlin und der Leuphana Universität Lüneburg hat die Daten von gigantischen 26 Milli- onen Ebay-Verhandlungen ausgewertet. Mit welchen Strategien waren Käuferin- nen und Käufer besonders erfolgreich? Glaubt man älteren Laborexperimen- ten, würde man wohl auf den »Anker-
man das erste Angebot der Verkaufen- den unterbieten, ohne diese zu ver- ärgern? Im Durchschnitt, so ergeben die Ebay-Daten, ist man am erfolgreichsten, wenn man 80 Prozent des Preises bietet, den die Verkaufsseite eigentlich für die Ware fordert. In den meisten Fällen wird die Gegenpartei dieses Angebot direkt akzeptieren. In anderen Fällen beginnt das Gefeilsche. Trifft man sich dabei dann einfach in der Mitte, wie viele Menschen glauben? Eher nicht. Im Durchschnitt lag der Abschlusspreis in der aktuellen Studie ziemlich nahe an dem, was die Käuferseite geboten hatte. Allerdings: Die konkreten Zahlen unterscheiden sich zum Teil erheblich von Produktgrup- pe zu Produktgruppe. Bei modernen Smartphones haben Kaufende weniger Spielraum, bei altem Geschirr erheblich mehr. Die Macher der Studie haben des- halb sogar eine kostenlose Seite ins Netz gestellt, auf der man sich sein optimales erstes Angebot berechnen lassen kann (www.firstofferadvice.com). (jm)
effekt« setzen. Der besagt, dass man ein sehr niedriges Erstangebot abgeben sollte. Das erhöht die Chance auf ein Schnäppchen. Tatsächlich konnten die Forschenden genau diesen Effekt auch aus ihren Ebay-Daten herauslesen. Doch die Sache hat einen Haken. Wer etwa eine schicke Lederjacke für 300 Euro ins Netz stellt, wird niemanden ernst nehmen, der für das gute Stück
nur zehn Euro bietet. Die Verhandlung endet, noch ehe sie richtig begonnen hat. Auch für diesen »Sackgassen- Effekt« gibt es eine ein- fache Faustregel: Je niedriger das erste Angebot ausfällt, desto seltener werden sich die beiden Parteien auf einen Preis einigen. Doch wo genau liegt die goldene Mitte zwischen Anker und Sackgasse? Wie weit darf
Macht Stress uns impulsiver?
S tress ist ein subjektives Phänomen: Wenn die einen noch gelassen bleiben, sind die anderen schon voller Aufregung. Doch ausgelöst wird die Empfindung von Überlastung oft durch denselben Schlüsselgedanken: »Das schaffe ich nicht!« Manchmal währt dieser Zustand nur für wenige Minuten, manchmal plagt uns der innere Aufruhr über mehrere Wochen. Aber wie verändert er unser Verhalten? Macht er uns impulsiver? Knifflige Frage! Denn Impulsivität hat nicht nur eine, sondern vier entscheidende Facetten. Wer impulsiv ist, folgt verstärkt seinen momentanen Emotionen, denkt nicht mehr über sein Handeln nach, gibt schnell auf und sucht mit Eifer nach dem nächsten Kick. Fördert Stress diese Verhaltensmuster? Kann er alle vier Facetten der Impulsivität befeuern oder nur einige davon? Oder treibt er uns gar nicht zum unüberlegten Handeln? Ein Forschungsteam der University of Washington unter- suchte diese Fragen jüngst in einer Studie. Die Forschenden
legten 362 Studierenden am Anfang ihrer Studienzeit über ein halbes Jahr verteilt mehrere Fragebögen vor. Die Antworten er- gaben, dass die Studierenden unter Belastung verstärkt ihren akuten negativen Gefühlen folgten. Zudem litt bei dauerhaftem Stress ihr Durchhaltevermögen. Aber: Sie dachten trotz Stress über die Konsequenzen ihres Handelns nach und suchten nicht eifriger nach dem nächsten Kick. Macht Stress uns also impulsiver? Die Antwort lautet: ja und nein. (jm)
Im Stress kommen Druckgefühle auf, die uns manches Mal daran hindern, die Nerven zu behalten
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