übersteigt damit die der Einwohner um das Zwanzigfache. Und in der Altstadt, nur 300 mal 400 Meter groß, existieren kaum mehr Lebensmittelläden für die Bevölkerung – aber 107 Souvenirshops und 143 Restaurants. SPUR AUS MÜLL UND FÄKALIEN IM HOCHGEBIRGE Zusätzlich lässt das Smartphone den Overtourism unberechenbarer werden. Denn Plattformen wie Instagram können einzelne Spots über Nacht zum Trendziel machen. So erging es etwa einem Gipfel in den Anden: Lange galt der Rainbow Mountain in Peru als Geheimtipp, nur knapp 500 Wanderer erklommen ihn pro Jahr. Dann landete ein Foto seiner beein- druckend farbigen Flanke im Netz und sorgte für einen Besucher-Hype. Heute kommen bis zu 700 Menschen täglich ins Hochgebirge und hinterlassen eine Spur aus Müll und Fäkalien. Auf den plötz-
» An sensiblen Orten reichen wenige Hundert, um zur Belastung zu werden «
lichen Ansturm ist die entlegene Region nicht vorbereitet, eine Infrastruktur zur Versorgung der Touristen existiert nur bruchstückhaft. »Overtourism kann heute jede Gemeinde treffen: Ein Foto und genügend Follower reichen«, sagt Antje Monshausen von Tourism Watch, einem Informationsdienst der Hilfsorga- nisation Brot für die Welt. Je nach Größe des Orts müssen dann noch nicht einmal mehrere Millionen Besucher pro Jahr kommen wie in Amsterdam, Paris oder Prag. »An sensiblen Orten reichen schon einige Tausend oder sogar wenige Hundert, um zur Belastung zu werden«, so die Expertin für Tourismus in Ent- wicklungsländern. Denn auch dort kämpfen Gemeinden mit Overtourism –
zum Beispiel rund um die berühmte Inkasiedlung Machu Picchu in Peru oder nahe der prachtvollen Tempelsiedlung Angkor Wat in Kambodscha. Wissenschaftlich lässt sich das Phänomen Overtourism nicht klar defi- nieren. In der Vergangenheit versuchten Forscher zwar, eine Belastungsgrenze festzulegen, ab der Reisende zum Pro- blem werden. Strände zum Beispiel seien mit mehr als 600 Gästen pro Hektar zu voll, hieß es. Oder: Städte könnten nur 930 000 Menschen pro Quadratkilome- ter und Jahr vertragen. Doch derartige Werte gelten heute als überholt, erklärt Tourismusforscher Pechlaner. Schließ- lich seien die Regionen ganz unter- schiedlich belastet, je nach der Größe
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02/2024
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