P.M. Magazin

FOLGE 101: RE6SE8CL2 in einer Minute WISSEN

Von wegen kopflos

PHYSIOLOGIE Schon länger zerbrechen sich Forschende ihrerseits den Kopf über die Frage, wo denn der Seestern seinen Kopf hat. Denn anders als die meisten Tiere inklusive des Menschen hat er keinen achsensymme- trischen Körperbau, also Ohren, Augen und Arme links und rechts der zentralen Achse. Stattdessen hat er fünf symmetrische Arme, eben wie ein gezeichneter Stern. Ist also der Kopf in der Mitte? Oder in einem der Arme? Die Lösung haben nun Forschende der britischen University of Southampton ermittelt. Und zwar indem sie sich nicht nur den Verlauf der Nerven im Innern des Seesterns angesehen, sondern zudem eine sogenannte RNA-Tomografie angefertigt haben: Sie haben nachgeschaut, wie typische Kopf- und Rumpfgene im Körper des Seesterns Patiria miniata verteilt sind. Und siehe da: Demnach ist eigentlich der gesamte Stern ein einziger Kopf. Sowohl im Zentrum des Sterns als auch mittig in den Armen fanden sich Signaturen von Genaktivität, wie sie für den Kopf typisch sind. Charakteristische Rumpfsignaturen dagegen fanden sich nur an den äußersten Spitzen der Arme.

HAT DA ETWA JEMAND SEIN PASSWORT ÖFFENTLICH GEMACHT?

Nein – was aussieht wie eine willkürliche Zeichenfolge, ist die chemische Formel eines

Moleküls. Re₆Se₈Cl₂ besteht aus sechs oktaedrisch angeordneten Rhenium- Atomen, die wiederum ein Würfel aus acht Selen-Atomen einschließt. Zwei Chloratome komplettieren das Gebilde zu einem flachen, quadratischen Gitter.

UND WOFÜR SOLL DAS GUT SEIN?

US-Forschende hatten Re₆Se₈Cl₂ hergestellt, um damit die Auflösung eines neuen Mikroskops zu testen.

Als sie das Molekül mit Licht anregten, passierte Unerwartetes: Es leitete nun Elektronen schneller als alle bisher bekannten Materialien. Durch Zufall hatte man also einen neuen Halbleiter gefunden. HALBLEITER, WAS IST DAS NOCH MAL? Halbleiter sind die Grundlage fast aller Elektronik. Smartphone, LED, Solarzelle: Sie alle funktionieren mit Halbleitern. Die Materialien leiten nur dann Strom, wenn ihnen selbst Energie zugeführt wird. Oft verwendete Halbleiter sind Silizium und Perowskite. Re₆Se₈Cl₂ leitet Strom doppelt so schnell wie Silizium.

BRICHT NUN EINE NEUE ELEKTRONIK- ÄRA AN?

Rhenium ist selten und teuer, daher kann das Material nicht in Massen produziert werden. Die Forschen-

den sind aber dennoch optimistisch: Mit den neuen Erkenntnissen können sie jetzt besser andere neue Halbleitermaterialien mit ähnlichen Eigenschaften identifizieren. Nach denen wollen sie sich nun auf die Suche begeben.

Nerven- und Genverteilung im Seestern verraten: Dieses Tier ist ein einziger Kopf

02/2024 P.M. 11

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