Wasserstoff ist absehbar die einzige Alternative zur Kohle«, sagt Weinberg, »und das Klima wartet ja nicht, bis wir vielleicht noch etwas Besseres haben.« Verloren haben die Reaktoren das Rennen um den grünen Stahl aber wohl nicht. »Wer im nächs- ten Jahrzehnt neu bauen muss, wird vermutlich eher auf die effizienteren Reaktoren setzen – wenn die Technologie bis dahin ausgereift sein sollte«, sagt Stefan Lechtenböhmer. Ohnehin gebe es auf dem Markt genug Platz für beide Verfahren. Im Wettlauf gegen den Klimawandel seien alle Kräfte willkommen, »denn in zehn Jahren sollte mindes- tens jede zweite global produzierte Tonne Stahl grün sein«. A uch wenn die Alternativen zum Hochofen keine kühnen Träume mehr sind, ist es noch ein weiter Weg bis zum umweltschonender produzierten Stahl. Neben marktreifen Verfahren braucht es viel grünen Strom für wenig Geld. Zwar dürfte sich Stahl aus den Hochöfen für europäische Hersteller schon bald nicht mehr lohnen, aber wird sich das Geschäft mit dem grünen Stahl rentieren? Dazu müssten die Strompreise den Forschenden der Columbia University zufolge erheblich sinken, vor allem im Hinblick auf die Konkurrenz aus Ländern mit lascheren Emissionsvorschriften. Ohne Ein- fuhrgebühren drohen die europäischen Produzen- ten pleitezugehen oder abzuwandern.
· S tahl zählt zu den wichtigsten Werkstoffen der Welt. Seine energieintensive Herstellung setzt jedoch enorm viel Kohlendioxid frei. · E s gäbe umweltfreundlichere Produktionsweisen, zum Beispiel mit grünem Wasserstoff. · B islang sind diese allerdings noch nicht weit über das Versuchsstadium hinausgekommen. Auf dem Werksgelände von Thyssenkrupp Steel in Duisburg fotografiert ein ehemaliger Mitarbei- ter mehrmals pro Woche Tiere, die sich auf den Grün- und Brachflächen angesiedelt haben: Rehe, die vor den Hochöfen äsen; Feldhasen, die sich auf den Brammen sonnen; Flussregenpfeifer, die im Schlackebeet nisten. Mehr als 40 Tierarten habe er im Laufe der Jahre gezählt. Die Tiere leben hier, weil sie in Ruhe gelassen werden und in den Brach flächen Kräuter und Wildblumen wachsen, die Landwirte sonst wegspritzen. An der Luft stören sie sich nicht. Schon heute wird deutlich mehr als die Hälfte des Stahls in China produziert. Zwar hat Präsident Xi Jinping angekündigt, das Land bis 2060 klima- neutral zu machen und ab 2030 die Stahlwerke an- zugehen, die für etwa 15 Prozent seiner Kohlenstoff- emissionen verantwortlich sind. Dennoch baut China weiter fleißig Hochöfen.
Das Endprodukt: Im Lager der Salzgitter AG liegen riesige Walz-
stahlspulen zur Abholung bereit
Andreas Holzapfel dachte immer: Je härter der Stahl, desto besser ist er. Tatsächlich ist Qualitätsstahl aber be- sonders leitfähig oder biegsam.
P.M. 27 02/2024
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