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FORSCHUNG | EVOLUTION

» Die Weibchen haben viel häufiger die Oberhand, als man denkt «

Maulwurfsweibchen haben Ovotestes: Diese Zwitterdrüsen bilden in der Paa­ rungszeit Eizellen, zu anderen Zeiten aber Testosteron – eine Voraussetzung für Muskelwachstum

Auch das stimmt nicht? Nein. Die Evolutionsbiologin Patricia Brennan war die erste Forscherin, die fragte, wie wohl das Gegenstück zum Entenpenis aussieht. Ihr Labor erinnert an einen seltsamen Sexshop, voll quietschbunter Abgüsse von Tierpenissen und -vaginas. Sie stellte fest, dass die Vagina von En­ tenweibchen ein gewundenes Labyrinth voller Sackgassen ist, in dem der Penis nur ans Ziel gelangt, wenn das Weibchen es zulässt. Deswegen gehen aus den Übergriffen selten Junge hervor. Und selbst nach der Paarung können manche Arten noch Einfluss auf die Vaterschaft nehmen. Inwiefern? Zum Beispiel kann die chemische Umgebung in der Vagina einige Samenzellen gegenüber anderen bevorzugen. Es wird immer von dem Spermien­ rennen gesprochen, das stattfinde, wenn ein Männchen ejakuliert. Als ob an der Ziellinie ein passives Ei nur auf den Prinzen wartet. So ist es

ganz und gar nicht. Menschliche Eizellen etwa ködern Spermien mit chemischen Signalen. Eine Studie aus dem Jahr 2020 zeigte, dass diese Lock­ stoffe unterschiedlich anziehend auf die Samen­ zellen verschiedener Männer wirken. Die Eizellen haben individuelle Vorlieben und nehmen Ein­ fluss darauf, wessen Samen sie befruchtet. Also bestimmen in Wirklichkeit die Weibchen, welche Gene weitergegeben werden? Das hängt von der Art ab. Und davon, welchen Punkt in der Entwicklungsgeschichte man be­ trachtet. Es ist ein Wettrüsten. Aber die Weibchen haben viel häufiger die Oberhand, als man denkt. Viele biologische Thesen finden ihren Weg in unsere Gesellschaft – als Argument für ver- meintlich naturgegebene Verhaltensweisen. Sagen die Verhältnisse in der Tierwelt über- haupt etwas aus über uns Menschen? Mit Vergleichen zwischen Mensch und Tier muss man vorsichtig sein. Doch in einigen Fällen kön­

20 Zentimeter

misst die Klitoris der weiblichen Tüpfel- hyäne, die genauso aussieht und positioniert ist wie der Penis der Männ- chen. Sie zeigt auch Erektionen. Weibliche wie männliche Tiere demonstrieren und inspizieren ihre Erektionen gegen- seitig bei »Begrü- ßungszeremonien«

Stachelig und korkenzieher­ förmig ist der Penis der Weißkopfruderente. Die Vagina des Weibchens ist gegenläufig gewunden und besitzt Sackgassen

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