P.M. Magazin

FORSCHUNG | METEOROLOGIE

Der Hagelsensor HailSens misst die Bewegungsenergie und die Größe der Körner bei deren Aufschlag

Leider macht uns der Hagel schon heute Prob- leme, die wir früher nicht hatten. In Süddeutsch- land ist er mittlerweile die Hauptschadensursa- che bei Gebäuden. Das hat aber vor allem damit zu tun, dass die Gebäude in den vergangenen 20 Jahren immer verwundbarer geworden sind: Solarzellen und nachträglich gedämmte Häuser sind sehr anfällig gegen das Phänomen. Da schla- gen die Körner ab drei Zentimeter Größe wie Geschosse Krater hinein. Dann muss man die Dämmung komplett abreißen, weil Wasser einge- drungen ist, und die Solarzellen erneuern. Auch Außenjalousien halten den Eiskügelchen nicht Stand. Glasfenster sind dagegen recht robust. Denen macht Hagel gewöhnlich nichts aus. Beim Hagelsturm von Reutlingen 2013 wur- den gut 100 000 Gebäude beschädigt und fast 150 Menschen verletzt. Das war einer der schlimmsten Hagelstürme in den vergangenen 15 Jahren, der sich vom Glotter- tal nahe Freiburg bis nach Tschechien zog. 2019 hat ein ähnliches Unwetter bei München ebenfalls ungefähr eine Milliarde Euro Schaden verursacht. Die Infrastruktur leidet mittlerweile erheblich mehr als die Landwirtschaft. Wie kann man sich vor Hagel schützen? Man kann eine spezielle Versicherung dagegen abschließen, wenn man an einem Hagelhotspot, etwa im Neckartal, lebt. Wenn ein Gewitter droht, sollte man immer die Jalousien nach oben ziehen und das Auto nach Möglichkeit in eine Garage stellen. Und das Wichtigste: nicht im Freien aufhalten. Sogar Platzwunden durch Hagelkörner sind sonst im schlimmsten Fall möglich.

Gibt es ein flächendeckendes System zur Hagelmessung? Messnetze, die Hagel direkt am Boden erfassen, sind nur in wenigen Regionen vorhanden, bei- spielsweise in Norditalien und Südfrankreich. Auch die Schweiz hat seit 2020 ein solches Netz. Die Messstationen dort erinnern an blaue Papier- mülltonnen. Sie tragen auf der Oberseite eine Membran, die zu schwingen beginnt, sobald ein Hagelkorn dagegen schlägt. Ein Mikrofon zeichnet das Trommeln der Eiskörner auf und übermittelt es. Aus dieser Musik lassen sich unter anderem die Größe der Körner und die Wucht ihres Auf- pralls ermitteln. Wie schnell wird so ein Hagelkorn, wenn es vom Himmel rauscht? Gewöhnlich kommen die Eisgeschosse mit 100 bis 200 Kilometern pro Stunde daher. Manche Forscher warnen davor, dass Hagel- körner größer werden. Stimmt das? In Frankreich und Italien gibt es seit den 1990er- Jahren einfache Messsysteme in Form von Styro- porplatten. Diese Datenaufzeichnungen sind die umfangreichsten. Daher wissen wir, dass dort die Anzahl der Tage mit Hagel zwar etwas abge- nommen hat, die Hagelkörner aber größer wer- den. Die Zahl der Hagelkörner kleiner vier Zenti- meter Durchmesser nimmt ab, darüber steigt sie, das besagen auch Modellierungen aus den USA. Die Unwetter, die es gibt, werden folglich heftiger. Hagelschäden werden also zunehmen?

Ein Hagelkorn im Querschnitt: Undurch- sichtiges Eis enthält viele kleine Luftblasen. Die werden einge- schlossen, wenn die sich am Graupel- embryo anlagernden Wassertröpfchen fast augenblicklich gefrie- ren (trockenes Wachstum). Beim feuchten Wachstum bleiben die Tröpfchen länger flüssig und können sich in den kleinen Poren des Eises anlagern – die Schicht bleibt durch- sichtig

Feuchte Wachs- tumssschicht Trockene Wachs- tumsschicht

Graupel-Embryo Extrem feine Wachstums- schichten

Große Luftblasen

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