P.M. Magazin

In »Biobags« werden Maden auf Wunden aufgebracht. So lässt sich ihre Wirkung besser dosieren – und den Patienten bleibt der Anblick erspart

 hilfreich? E nde der 1980er-Jahre stand Ronald Sher- man vor einem Problem. Am Klinikum der University of California untersuchte der angehende Facharzt Patienten, die an chronischen Wunden litten. Sher- geraten sind. Die Anzahl der in Großbritannien mit medizinischen Maden behandelten Menschen hat sich in den letzten Jahren auf mehr als 1200 ver­ doppelt. Auch anderen Tierarten werden Heilwir- kungen zugeschrieben. Weltweit forschen Wissen- schaftler etwa an neuen Therapien mit Schaben, Egeln und Schnecken.

man stellte fest, dass die Wunden weder nach Operationen noch mithilfe von Antibiotika heilten. Seine Kollegen setzten auf diverse Medikamente – mit mäßigem Erfolg. Da hatte Sherman eine Idee. Aus seinem Studium der Insektenkunde wusste er, dass Ärzte früherer Zeit in solchen Fällen zu einem ungewöhnlichen Heilmittel gegriffen hatten: Flie- genmaden. Sherman wollte nun an seinen Patien- ten testen, ob die Maden tatsächlich so wirksam waren wie in historischen Aufzeichnungen be- schrieben. Er schlug seinem Professor eine Pilotstu- die vor. Und die sollte Medizingeschichte schreiben. Die Erforschung der Maden steht stellvertre- tend für die Rückkehr zahlreicher Tiere in die Medi- zin, die mit dem Fortschritt nahezu in Vergessenheit

Bereits Kulturen wie die Maya sollen Fliegen­ maden auf in Rinderblut getränkten Verbänden vermehrt haben. Mit diesen Tüchern behandelten sie anschließend Verletzungen. Auch in Kriegen be- obachteten Ärzte immer wieder eine heilsame Wir- kung bei Soldaten, deren Wunden von Fliegen be- fallen waren. So beschrieb etwa Napoleons Leibarzt um 1812, dass sich die Larven um abgestorbenes Gewebe kümmerten und die Haut zur Heilung an- regten. Doch spätestens seit der industriellen Pro- duktion von Penicillin ab 1944 kamen die medizini- schen Maden immer seltener zum Zuge. Da niemand in den 1980er-Jahren Maden züchtete, beschloss

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