FORSCHUNG | TIERISCHE THERAPIEN
Schnecken werden in manchen Ländern nicht nur gern ver zehrt. Auch ihr Schleim gilt manchen als Mittel, um Jugendlich keit zu bewahren
Auf Schneckenfarmen wie hier in Frankreich wird Schleim für die Kosmetikindustrie gewonnen. Das weckt Kritik bei Tierschützern
C laas Junghans, Chemiker und Patentanwalt aus Berlin, glaubt allerdings, dass sich die Hürden überwinden lassen. Ein Tier könne man zwar nicht als Ganzes patentieren lassen, sehr wohl aber zum Beispiel die Anwendung eines Giftes bei einer bestimmten Krankheit. Womöglich im Zu- sammenhang damit, wie das Gift angewendet wird, also ob es mittels Spritze injiziert oder durch eine Tablette in den Körper geschleust wird. Junghans verweist auch darauf, dass bei den meisten heute genutzten Medikamenten der Patentschutz abge- laufen ist und Unternehmen trotzdem damit Geld verdienen. Ausschlaggebend sei vor allem eines: Die neuen Therapien müssten von den Ärzten, Pfle- gekräften und Patienten gewollt werden. In unserem Kulturkreis steht dem der erlernte Ekel offenbar noch entgegen. Im Jahr 2022 ver öffentlichten britische Forschende im Fachmagazin »Journal of Wound Care« eine Studie, wonach Krankenpfleger, die keine Wundspezialisten waren, eine Madentherapie nur sehr zögerlich anwen deten. Jeder dritte gab sogar an, dass allein der Ge- danke daran Gänsehaut verursache. Und so versu- chen Forschende, die Ekelschwelle zu senken: Eine
Medizinerin aus Großbritannien initiierte etwa die Kampagne »Liebe eine Made!«, die mit Comics und fröhlichen Fotos vor Augen führen soll, dass die Tiere recht niedlich und interessant sein können. Doch vielleicht ist es gar nicht nötig, dass wir uns überwinden müssen oder an den Anblick gewöh- nen. Womöglich werden künftig weniger die Tiere als solche zum Einsatz kommen als mit ihrer Hilfe gewonnene Substanzen. So stellt etwa ein britisches Start-up aus den Enzymen von Maden ein Gel her, das auf Wunden gestrichen wird. Vielleicht also muss sich auch in Zukunft niemand von Egel, Scha- be oder Made behandeln lassen – und kann doch von ihnen profitieren.
· M anche Tiere wie Blutegel zählen zu den ältesten Heil- mitteln der Menschheit. · H eute finden sie in der Medizin ebenfalls manchmal Anwendung. Blutegel etwa sind apothekenpflichtige »Fertigarzneimittel«. · B esonders der fast vergessene Einsatz von Maden zur Versorgung von Wunden lebt wieder auf.
Lisbeth Schröder ist Wissenschafts- journalistin. Kontakt mit Blutegeln hatte sie bisher nur, als sie durch den Regenwald auf Madagaskar stapfte.
02/2024 P.M. 63
Made with FlippingBook flipbook maker