P.M. Magazin

FORSCHUNG | KI-TECHNOLOGIE

die Fotos mit entsprechenden Keywords. Sie bewerten auch, ob ein Bild zum Beispiel jugend- frei ist oder nicht, das ist wichtig, damit die Unternehmen wissen, ob sie es benutzen können. Damit können dann Algorithmen arbeiten. Aber meist sind sie ungenau. Die Feinjustierung über- nehmen dann wieder die Data Worker, das ist Auf- gabe drei. Sie prüfen etwa, wie präzise Empfeh- lungsalgorithmen sind, von Streaminganbietern zum Beispiel. So verhindern sie unpräzise Vor- schläge. Wenn der Algorithmus nach einer Doku- mentation über Affen zum Beispiel Filme mit schwarzen Menschen vorschlägt, ist das falsch und verletzend. Die Data Worker verhindern das mit ihrer Arbeit. Und der vierte Aufgabenbereich? Das sind Arbeiter, die KI-Systeme nachahmen, etwa Chatbots, wie viele Unternehmen sie im Kundenservice anbieten. Wir erwarten von Chat- bots kein richtiges Gespräch, dadurch können Unternehmen ihren Kundenservice reduzieren und Geld sparen, selbst wenn noch ein echter Mensch mit den Kunden chattet. Außerdem ist KI gerade ein Hype-Thema, das Investoren anlockt. Investoren und Kunden lassen sich aber nicht gern hinter das Licht führen. Nicht alle Firmen machen daraus ein Geheimnis. Sie framen es dann anders, sagen, dass die Data Worker den Algorithmus trainieren, bis der irgendwann selbstständig arbeiten kann. Ob das immer stimmt, ist eine andere Frage. Sie haben schon »Mechanical Turk« angespro­ chen. Sind solche Plattformen immer das Mittel der Wahl, wenn Firmen Data Worker suchen? Diese Plattformen sind die billigsten Anbieter, weswegen sie sehr erfolgreich sind. Sie funktionie- ren nach dem Gig-Economy-Prinzip: Die Arbeiter werden pro Aufgabe bezahlt, nicht pro gearbeitete Stunde. Das erhöht natürlich den Druck, mög- lichst schnell fertig zu werden, worüber sich die Plattformkunden wiederum freuen. Der Lohn bewegt sich meist bei wenigen Cent pro Aufgabe. Als Alternative gibt es noch Business-Process-Out- sourcing-Anbieter (BPO). Das kann man sich wie eine moderne Variante eines Callcenters vorstel- len. Die sind auch etwas teurer, weswegen Unter- nehmen auf diese vor allem zugehen, wenn sie höhere Qualität wünschen. Sie kritisieren vor allem die Kunden dieser Plattformen, aber auch die Anbieter immer

MILAGROS MICELI ist Soziologin und Informatikerin. Sie leitet die For­ schungsgruppe »Daten, algorith­ mische Systeme und Ethik« am Weizen­ baum-Institut in Berlin. Sie erforscht vor allem ethische und soziale Auswir­ kungen von künst­ licher Intelligenz, auch am Distributed AI Research Institute (DAIR), einer inter­ nationalen Orga­ nisation für kon­ zernunanbhängige KI-Forschung

wieder in Ihrer Arbeit und in Interviews. Warum? Weil sie letztendlich Gewinn machen, indem sie die Arbeiter ausbeuten. Es gibt eine Reihe von Proble- men. Gerade bei den Plattformen gibt es keine Kontinuität, die Data Worker hangeln sich von Aufgabe zu Aufgabe, haben keine Garantie, dass es morgen etwas zu tun gibt. Auch Transparenz fehlt. Die Arbeiter wissen nicht, wer der Kunde ist, welche Art von System sie trainieren sollen, und sie wissen nicht im Voraus, wie lange eine Aufgabe dauern wird. Entsprechend ist es schwer einzu- schätzen, wie fair die Bezahlung ist. Auch Preis­ diskriminierung ist Alltag in der Branche, nicht immer zahlen die Kunden für gleiche Arbeit glei- chen Lohn, sondern zum Beispiel von Land zu Land einen unterschiedlichen. Aber auch die Aufgaben an sich sind manchmal problematisch.

66 P.M. 02/2024

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