P.M. Magazin

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uhhh umgebenden Landwirtschaft, hatten zu einem Fischsterben geführt und die Lagune an den Rand des Kollaps. 2019 begann eine Bürgerinitiative, Un- terschriften zum Schutz der Lagune zu sammeln. Heute überwacht ein Komitee aus Politikern, Wis- senschaftlern und Vertretern der Zivilgesellschaft die Einhaltung der Rechte des Mar Menor. Zudem kann jeder Bürger die Justiz wegen einer vermute- ten Verletzung von Rechten der Lagune anrufen. A uch in Deutschland gibt es Versuche, Na- turräumen Rechtstitel zu verleihen, etwa das im Jahr 2021 gestartete Volksbegehren in Bayern zur Aufnahme der Rechte der Natur in die Verfassung des Freistaats, Ausgang offen. Emma- nuel Schlichter vom Verein »Rechte der Natur« be- reitet derweil eine Bürgerinitiative auf europä- ischer Ebene vor. Dazu muss er in mindestens sieben europäischen Ländern jeweils eine Million Unterschriften sammeln. Die Petition soll dann der Europäischen Kommission übergeben und im Par- lament besprochen werden. Die in Husum lebende Christine Ax wiederum plant eine Initiative zur Reform des deutschen Grundgesetzes. Die 71-jährige gebürtige Saarlände- rin hat 2020 das »Netzwerk Rechte der Natur« ge- gründet, dem auch Schlichters Verein angehört. Gemeinsam mit Dutzenden Experten und Organi- sationen hat sie eine Erweiterung des Grundgeset- zes um die Rechte der Natur erarbeitet. Das Bundesumweltministerium erklärt auf An- frage, die bestehende deutsche und europäische GG Art. 2 Abs. 1: Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht gegen die Rechte anderer einschließlich der natürlichen Mitwelt oder gegen die verfassungs- mäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt

Einheimische demons- trierten für den Schutz der spanischen Salzlagune Mar Menor. Mit Erfolg: 2022 wurde

eigenständige Rechtsperson anzusehen, basiert hingegen auf jahrhundertealtem indigenem Wis- sen vom Leben im Einklang mit der Natur, nicht als deren Besitzer. Vom Glauben an die Pachamama, die gottgleiche Mutter Natur, der in den indigenen Gemeinschaften der Quechua und der Aymara in Südamerika weit verbreitet ist. Vorbild aller Naturrechtsbewegungen ist Ecua- dor. Der südamerikanische Staat an der Pazifikküs- te hat 2008 als erster weltweit die Rechte der Natur auf höchster gesetzlicher Ebene, in der Verfassung, verankert. Einer, der diesen Schritt sehr bewun- dert, ist Emmanuel Schlichter. Der 29-jährige Jurist hat 2022 im sächsischen Zwickau den Verein »Rech- te der Natur« gegründet. Trotzdem sei es auch in Ecuador noch ein langer Weg, bis sich die Rechte der Natur auch wirklich in der behördlichen Praxis niederschlagen, so Schlichter. »Es gab zwar Minen- projekte, die verhindert werden konnten, weil sie die Umwelt geschädigt hätten, aber es war aufwen- dig und hat sehr lange gedauert.« Auf einer Karte der weltweiten

die Lagune zur Rechtsperson

13 Kilometer

fließt die Seine durch Paris – und prägt die Identität der Haupt- stadt. Nun bekam sie die Ehrenbürger- schaft verliehen. Ein symbolischer Akt – und möglicherweise ein erster Schritt für tatsächliche Rechte

Initiativen ist Europa bislang kaum vertreten. Einzig in Spanien konn- te die Bewegung einen ersten Erfolg feiern: Das Mar Menor an der iberischen Mittelmeerküste, mit 135 Quadratkilometern die größte Salzwasserlagune Europas, gilt seit 2022 als eigenständiges Rechtssubjekt. Die vielen Abwasser, vor allem die nitrathaltigen Einträge aus der

Vorschläge zur Reform des Grundgesetzes des »Netzwerks Rechte der Natur«

70 P.M. 08/2025

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