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gibt tatsächlich sehr viele unter­ schiedliche Möglichkeiten, aus dem eigenen Leib einige Watt abzuzweigen. Auch diese Vielfalt erhöht die Chancen auf Erfolg. F ussenegger hat voriges Jahr eine Brennstoffzelle von der Größe eines Teebeutels präsentiert. In den Körper einge­ pflanzt, entnimmt sie dem Blut und der umgebenden Gewebe­ flüssigkeit überschüssigen Zu­ cker. Die Glukose wird an einer Kupferelektrode zu Glukonsäure abgebaut. Dabei wird Energie in Form von Elektronen frei, die eine LED zum Leuchten bringen oder in einer Batterie gespeichert werden könnten. Mit der gespei­ cherten Elektrizität aus dem Kör­ per lasse sich ein Handy laden, schrieb das Team im Magazin »Advanced Materials«. Fusseneggers Mitarbeiter Debasis Maity ist es gelungen, die Brennstoffzelle so zu schalten, dass sie nur Blutzucker aus der Körperflüssigkeit entnimmt, wenn zu viel davon da ist. »Über die Menge an Strom wissen wir immer, wie viel Zucker gerade

Spannung im Innenohr HÖRGERÄTE Alle drei bis zehn Tage ist bei gängigen Hörhilfen ein Batteriewechsel fällig – das ist lästig und auf Dauer teuer. In Zukunft wird das vielleicht nicht mehr nötig sein. Forschende des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben erste Grund- lagen zur unabhängigen Energieversorgung von Hörgeräten erarbeitet. An den Innenohren von Meerschweinchen, die denen des Menschen strukturell ähneln, haben sie gezeigt, dass man Strom dort gewinnen kann, wo das Ohr Schallwellen in elektrische Nervenimpulse umwandelt. Dieser Bereich des Innenohrs nahe der Hörschnecke besteht aus zwei Hohlräumen, die mit zwei verschie- denen Flüssigkeiten gefüllt und durch eine Membran getrennt sind. Die Flüssigkeiten weisen unterschiedliche Konzentrationen geladener Teilchen auf, sodass direkt an der Membran eine Span- nung von 70 bis 100 Millivolt anliegt. Diese Spannung haben die Forscher mithilfe winziger Glaselektroden in Strom umwandeln können, um damit einen Mikrochip zu versorgen (Bild oben rechts). Fünf Stunden lang konnten sie so ungefähr ein Nanowatt Strom aus dem Konzentrationsgefälle gewinnen. Das reicht zwar noch nicht für den Betrieb moderner Hörprothesen. Aber mit einer weiterentwickelten und an das menschliche Ohr noch besser angepassten Technik könnte das eines Tages vielleicht möglich werden, sagen die Forschenden.

Fett, zum Beispiel aus einem Schnitzel, ist eine enorme Energie­ quelle – und ein Gesundheitsrisiko. Das könnte sinken, wenn wir die Kalorien »verstromten«

so Fussenegger. Zudem könnten stromgetriebene Implantate im Körper verschiedene Arzneien abgeben. D as Kraftwerk im Körper hätte einen fulminanten Nebeneffekt: Völlerei soll sich nicht mehr mit zu vielen Pfunden rächen. »Wenn wir wie­ der einmal Süßes oder zu viel zu Mittag gegessen haben, wird das einfach in Strom umgewandelt, wie beim Hybridauto: Es spei­ chert überschüssige Energie in

einer Batterie«, erklärt der Forscher. Diäten wären passé. Noch ist die Vision an­ spruchsvolle Grundlagenfor­ schung und damit etliche Jahre davon entfernt, Wirklichkeit zu werden. Doch die Fürsprecher zweifeln nicht daran: »Ich bin sicher, dass es so kommt. Es ist nur eine Frage der Zeit«, sagt der Physiker Debasis Maity aus Fus­ seneggers Arbeitsgruppe. Momentan suchen die For­ schenden zunächst einmal das ideale Körperkraftwerk. Denn es

02/2024 P.M. 73

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