P.M. Magazin

Stimulation Insulin- ausschüttung

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feld gehalten, fließt Strom durch den Leiter. Ein Prinzip, das der Physiker Hendrik Lorentz bereits vor 130 Jahren beschrieben hat. Zurbuchen konnte mit die­ ser Methode am schlagenden Herzen eines Hausschweins ver­ lässlich einige Mikrowatt ab­ zweigen. Mit diesem Strom trieb er einen Schrittmacher an, der das Schweineherz pulsieren ließ. Es würde die Patienten und Pa­ tientinnen entlasten, wenn sie keine Batterie mehr bräuchten, die etwa alle zehn Jahre in einer belastenden Operation gewech­ selt werden muss, stellt Zur­ buchen im Journal »PLOS One« in Aussicht. Bislang sind alle diese Strom­ erzeugungsarten allerdings noch nicht über Experimente an Tieren hinausgekommen. Für Studien an Patienten und Patien­ tinnen bräuchte es laut Fus­ senegger die Bewilligung einer Ethikkommission – und einen Investor. Denn die Kosten gingen dann in den Millionenbereich. Obwohl der Wissenschaftler auch an piezoelektrischen Kör­ perkraftwerken arbeitet, über­ zeugt ihn die Brennstoffzellen­ technik am meisten. Sein Team entlockt dem Implantat von der Größe eines Teebeutels derzeit noch mehr Volt als bisher. Eine ganze Serie an LEDs bringt der Körperstrom mittlerweile zum Leuchten. · V iele Menschen nehmen zu viele Kalorien zu sich, die der Körper in Fettzellen speichert. · D iese überschüssige Energie könnte zur Produktion von Strom genutzt werden. · D ie Vision: Damit ließen sich etwa Herzschrittmacher betreiben.

4

elektrische Stimulation

Stromkreis

Lichtstimulation

- +

Glukose Insulin

Glukose Insulin

1

3

Beta-Zellen

Beta-Zellen

Stromkreis

Stromkreis

OFF

Brennstoffzelle

ON

2

ON

Stimulation Insulin- ausschüttung

ON

Die Grafik zeigt, wie im Mäuseversuch mit der Brennstoffzelle Strom gewonnen und damit der Blutzuckerspiegel bei Diabetikern gesteuert werden kann. Wenn der Glukosewert steigt und die Insulinkonzentration im Blut fällt, springt der Strom an (1). Die Energie stimuliert Beta-Zellen per Impuls oder Licht, Insulin zu produzieren und auszuschütten (2). Der Zuckerspiegel sinkt auf ein normales Maß, die Insulinkonzentration steigt. Ab einem bestimmten Schwellenwert unterbricht das System den Stromkreis (3). Anschließend stoppt es die Insulinproduktion (4).

Von Dauer wäre dagegen die Stromversorgung mit einer Art Wasserrad im Körper. Der Medi­ zintechnikingenieur Adrian Zur­ buchen untersuchte in seiner Doktorarbeit am Inselspital Bern, ob dazu die Bewegung des Blutes genutzt werden könnte. Die Idee liegt nahe, schließlich pumpt un­ ser Herz jede Minute fünf Liter da­ von mit einer Energie von einem Watt durch unseren Körper. Zur­ buchens Idee: Wie ein Wasserrad die Energie eines Flusses nutzt, kann auch eine kleine Turbine in einem Gefäß aus der Bewegung des Blutes Energie ziehen. »Ein paar Mikrowatt für einen Herz­ schrittmacher oder ein anderes Medizingerät abzuzweigen er­ scheint mir logisch und möglich«, sagt der Wissenschaftler.

Und doch sieht er Herausfor­ derungen für die Blutturbinen. Um die Implantate können sich schorfähnliche Blutklumpen bil­ den, die dann im schlechtesten Fall einen Herzinfarkt oder Hirn­ schlag auslösen. Gefäßstützen, wie sie bei Arteriosklerose ein­ gesetzt werden, sind deshalb immer mit blutverdünnendem Heparin beschichtet. Z urbuchen hat sich wegen dieser Herausforderun­ gen in den vergangenen Jahren auf ein anderes Verfahren fokussiert: Die Energie des schla­ genden Herzens lässt sich auch auf andere Weise nutzen. Wird am Herzmuskel ein elektrischer Leiter, etwa ein Stück Kupfer, be­ festigt und dieser in ein Magnet­

Susanne Donner nutzt das Köperkraft- werk Mensch schon. Dank Körperwärme muss sie ihr Büro in ei- nem Neubau nie heizen.

02/2024 P.M. 75

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