P.M. Magazin

GEHEIMNISSE | SEEGRASWIESEN

30 Prozent

Grün wiegen sie sich unter der Oberfläche wie Nep- tuns Haar: Halme von Seegras, die das Wasser bewegt. Dazwischen krabbeln Krebse, schwimmen Fische und siedeln sich Kleinstorganismen auf den Pflanzen an. Seegraswiesen sind einzigartige Lebensräume unter Wasser – und noch viel mehr. Seegraswiesen schützen die Küsten und das Kli- ma: Sie bremsen die Strömung, stabilisieren den Meeresboden und bewahren damit Strände vor dem Verschwinden. Sie speichern zudem hocheffizient Kohlendioxid, viel mehr noch als Wälder auf glei- cher Fläche, und wirken dadurch Treibhausgas- emissionen entgegen. Echte Tausendsassas unter Wasser – deren Potenzial lange Zeit verkannt wurde. In den vergangenen Jahrzehnten sind Seegras- wiesen stark geschrumpft, weil ihre Bedürfnisse vernachlässigt wurden. Vor allem in den 1970er- und 1980er-Jahren wurde wenig auf Düngemittel geachtet, die aus der Landwirtschaft in die Ostsee gerieten. Die Sorglosigkeit förderte das Algenwachs- tum, was wiederum das Wasser verdunkelte und den Pflanzen ihre Lebensgrundlage nahm: das Son- nenlicht. Ein Drittel aller Seegrasflächen in Europa ging damals verloren. Heute dagegen müht man sich in verschiedenen Forschungsprojekten, die Wiesen wieder aufzuforsten. Auf etwa 285 Quadratkilometern entlang der deutschen Ostseeküste wächst heute noch Seegras. Auf 428 weiteren Quadratkilometern könnte sein Lebensraum restauriert werden. Die bisherigen Wiesenbestände ziehen jährlich etwa acht Millionen Tonnen COâ‚‚ aus der Luft, so viel, wie rund zwei

aller Seegraswiesen sind im vergangenen Jahrhundert weltweit verloren gegangen. Manche der Gebiete erholen sich auf natürliche Weise, doch insge- samt schrumpfen die Flächen weiter

Schnorchelnd erntet die Biologin Anne Brauer Blüten und Samenstände. Sie untersucht die Keimbedingungen der Pflanzen

82 P.M. 02/2024

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