SCHWERENÖTER Friedrich Wilhelm II. hatte in seinem Leben zahlreiche Liebschaften und Mätressen
AUSGEGRABEN
M anchmal liegt Geschichte buchstäblich unter unse- ren Füßen – verborgen hinter dicken Platten, Schich- ten aus Erde und dem Staub der Jahrhunderte. Etwa in der Schlosskirche Buch bei Berlin, wo Forscher am 8. Juli 2025 bei Restaurierungsarbeiten auf einen außergewöhnli- chen Fund stießen: In einer gemauerten Gruft entdeckten sie einen erstaunlich gut erhaltenen Holzsarg, reich verziert mit vergoldeten Leisten und klassizistischen Medaillons. Nach Einschätzung des Landesdenkmalamtes Berlin handelt es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um die verschollene Grab- stätte von Julie von Voß – einer Frau, die am Hof von Preußen einen bemerkenswerten Platz einnahm. Julie Amalie Elisabeth von Voß wurde am 24. Juli 1766 in Buch bei Berlin geboren, als Tochter einer alten Adelsfami- lie. Mit 17 Jahren trat sie in den Dienst am Hof, zunächst als Hofdame bei Königin Elisabeth Christine, später bei Königin Friederike Luise von Hessen-Darmstadt. Letztere hatte nach sieben Geburten ihre ehelichen Pflichten für erfüllt erklärt. In diesen Jahren traf Julie auf den 22 Jahre älteren Kö- nig Friedrich Wilhelm II., der für seine Liebschaften bekannt war. Doch anders als andere Frauen lehnte Julie es ab, nur Die wieder- entdeckte Königsgattin
eine weitere Mätresse zu werden. Sie wollte seine Ehefrau sein und war bereit, dafür auf die Krone und Rechtsansprü- che zu verzichten. Der König willigte ein und drängte die Kö- nigin zur Zustimmung. Sie gab nach, und so heirateten Julie und Friedrich Wilhelm am 7. April 1787 in einer sogenannten morganatischen Ehe. Noch im selben Jahr ernannte er sie zur Gräfin von Ingenheim. Doch das Glück währte nicht lange. Zwar brachte Julie im März 1789 ihren Sohn Gustav Adolf zur Welt. Kurz darauf erkrankte sie aber an der „weißen Krankheit“, der Lungentuberkulose. Sie verlief damals fast immer tödlich und so auch für Julie: Sie starb am 25. März im Alter von 22 Jahren. Eine Woche später wurde sie in der Schlosskirche Buch beigesetzt, in einer Einzelgruft ohne Grabstein und Inschrift. Der Ort geriet in Vergessenheit.
KURIOS XXL
KUSCHELIG Eine Gemeinschafts- angelegenheit war der Toilettengang oftmals im Römischen Reich. Dicht an dicht saßen Männer, Frauen und Kin- der auf den Latrinen und gingen ihren Geschäften nach – manchmal auch wörtlich: Die latrinae waren wichtige Orte des sozialen Austauschs. Klopa- pier gab es keins, stattdessen wurde ein Schwamm verwendet, der an einem Stock befestigt war und nach Benutzung in einer Mischung aus Wasser und Essig gesäubert wurde.
P.M. HISTORY – OKTOBER 2025 10
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