„Steinstoßen“ mit fast 30 Kilogramm schweren Felsbrocken oder beim „Schwingen“, einer Art Freistilringen. Wegen der besseren Nahrung wächst die Bevölkerung, gleichzeitig bietet die Weidewirtschaft nur wenigen Men- schen Arbeit. Es sind diese jungen In- nerschweizer Männer, kampferprobt und aggressiv, die den Kern der Söld- nertruppen bilden. Kriegsbereit sind jedoch alle Eid- genossen. Während die Bauern und Bürger anderer Mächte höchstens aus- nahmsweise und im Verteidigungsfall zu den Waffen gerufen werden, ist die Gesamtheit der Schweizer Männer ab dem 14., mancherorts ab dem 16. Le- bensjahr wehrpflichtig. In „Harnisch- Ordnungen“ wird jeder angewiesen, „eiserne Handschuhe und gute Waffen“ im Haus aufzubewahren. V or allem durch die jahrhunder- telangen Auseinandersetzungen mit den Habsburgern hat sich über die Generationen eine Krieger- mentalität bei den Eidgenossen heraus- gebildet. Lange beherrschten Ritter die Schlachtfelder Europas – gepanzerte Edelmänner zu Pferd, ausgestattet mit Schild, Schwert und Lanze. Fußsolda- ten spielten nur eine Nebenrolle. Die Eidgenossen setzen dem nun den „Ge- walthaufen“ entgegen. Dabei nehmen Fußsoldaten in einem Viereck Aufstellung. Wenn ein Heer ge- gen diese Phalanx anreitet, richten die Soldaten der vorderen Reihen und jene an den Flanken ihre fünf Meter langen Spieße auf und verankern das Ende im Boden. Für die feindliche Kavallerie ein unüberwindliches Hindernis. Oft greift der Gewalthaufen den Kontrahenten auch direkt an, im Sturmlauf mit hohem Tempo, um den Gegner zu überrennen. Irgendwann dann öffnen die Spießträger die For- mation, und die Krieger im Inneren des Haufens stürzen sich im Nahkampf auf den Feind. Ihre bevorzugte Waffe ist die Helle- barde: ein scharfes Beil mit Haken, mit dem die Angreifer die Ritter vom Pferd reißen, deren Rüstung aufschlitzen,
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Gebiete der 13 eidgenössischen Orte Verbündete/Zugewandte Orte und deren Untertanengebiete Gemeine Herrschaften Schirmherrschaften Grenze des Hzgt. Mailand 1495 Dauerhaft von Eidgenossen und Verbündeten eroberte Gebiete sind schraffiert
Genua
0 km
100
Mittelmeer
Besiegt, bezahlt, begnadigt Drei Jahre währt die Herrschaft der Eidgenossenschaft über das Herzogtum Mailand, ein Gebiet, das größer ist als ihr eigenes Terri- torium. Dann schickt der französische König eine Armee, um es zu- rückzuerobern. Mit Erfolg: Bei Marignano 1515 siegen die Franzosen und stellen die Herrschaft über den Landstrich wieder her, zumindest über den größten Teil. Einige Gebiete dürfen die Eidgenossen näm- lich behalten – aus ihnen wird später der Kanton Tessin.
reichen Ernährung aus Milch, Käse und Fleisch, so vermuten einige Forscher heute, sind sie seitdem kräftiger gewor- den und größer als ihre Nachbarn. Und anders als die Ackerbauern in den fla- cheren Gegenden der Schweiz oder die Städter wachsen viele Innerschweizer in einer archaischen Hirtenkultur auf, voller Auseinandersetzungen um Wei- derechte und Viehdiebstahl, geprägt von Blutrache und Fehden. Die Männer gehen zur Jagd und messen sich zum Zeitvertreib beim
mit überscharfen Felsen und dornrei- chen Hügeln“, wie es in der „Beschrei- bung der Eidgenossen“ aus dem Jahr 1479 heißt. Das Land sei unmöglich zu erobern, schreibt der Verfasser, ein ein- heimischer Mönch, weil die Bewohner zu den „Schärfsten im Krieg“ gehörten. „Wut und Zorn führen ihre Waffen. Sie ernähren sich von Kühen.“ Bereits im 12. Jahrhundert hatten die Innerschweizer den Schwerpunkt ihrer Landwirtschaft vom Ackerbau auf die Viehzucht verlegt. Dank der protein-
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