Schweiz
Schweizer Krieger in Europa herumge- sprochen hat, drängen sich Gesandte des Kaisers und der Könige, Agenten aus Lothringen, Savoyen, Mailand in den Amtsstuben der einzelnen Stadt- und Länderorte und überbieten einan- der an Offerten. Werber reisen eigenmächtig über Land und sprechen Bauern auf dem Felde an, verführen junge Männer bei Treffen in Gasthäusern mit Wein, Es- sen, Frauen. Bis zu 100000 Eidgenos- sen dienen im 15. Jahrhundert europäi- schen Kriegsherren, im 16. Jahrhundert sind es schon 400 000. Der Preis dafür aber ist hoch. Tau- sende Schweizer sterben in der Fremde. Und wer überlebt, kehrt oft als Invalide in die Heimat zurück. Andere enden im Wahnsinn oder als Mörder am Galgen. Immer mehr Stimmen beklagen zudem die Korruption, die Habgier. „Einfalt, Mäßigung, Zucht und Scham gingen verloren“, schreibt ein Berner Chronist um 1500. Auch die Tagsatzung – die Ver- sammlung von Abgesandten aller eid-
Während dieses Feldzugs machen viele Italiener erstmals Bekanntschaft mit den Schweizer Söldnern. Immer wieder ist bei den Zeitzeugen Bewunde- rung zu spüren für ihre Disziplin, Kraft und Körpergröße. Gleichzeitig stößt die Beobachter ab, dass sie offenbar allein des Soldes wegen kämpfen. Tatsächlich scheinen die Schweizer immer demjenigen Herrn zu dienen, der gerade am meisten zahlt. Weil die Nachfrage nach den Kämpfern wäh- rend der Italienischen Kriege auf allen Seiten steigt und die eidgenössischen Orte sich kaum über ihre Soldallianzen abstimmen, kommt es, wie es kommen musste: Im Frühjahr 1500 stehen 10 000 Schweizer im Dienst Frankreichs vor der norditalienischen Stadt Novara, in der sich 10 000 Schweizer im Dienst des Herzogs von Mailand verschanzt hal- ten. Im letzten Moment können Unter- händler verhindern, dass Eidgenossen Eidgenossen niedermetzeln. Das Geschäft mit der Gewalt wird zur Bedrohung der Einheit des Bun- des. Seit sich die tödliche Effizienz der
genössischen Orte und das einzige politische Gremium des Bundes – sieht die Gefahr, „dass wir des Eigennutzes wegen einander hassen“. Ja, dass das ganze Bündnissystem auseinanderbre- chen könnte! Und so beschließt sie im Jahr 1503, das ausufernde Söldnertum einzuschränken. A uch außenpolitisch vollzieht sie einen Schwenk. Seit mehr als ei- nem halben Jahrhundert hat die Eidgenossenschaft Soldallianzen mit Frankreich geschlossen. Keinem Land hat sie mehr Truppen zur Verfügung gestellt. Als aber 1509 die Verlänge- rung des Bündnisses ansteht, lässt die Tagsatzung die Frist verstreichen. Ein neuer Machthaber buhlt um ihre Gunst: der Papst. Schon vier Jahre zuvor hat Julius II. Kontakt mit den Eidgenossen aufge- nommen, um eine Garde zu seinem per- sönlichen Schutz anzuwerben. Schwei- zer als Leibwächter kommen gerade in Mode: Der französische König leistet sich eine Wachmannschaft der „Hun-
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