P.M. History

Wettlauf von zwei Seiten

eine Finte. Denn tatsächlich ist Carrel in politischer Mission unterwegs. Die Gründer des Club Alpino Italiano, unter ihnen der italienische Finanzminister persönlich, haben ihn angeheuert, um den Gipfel zu erklimmen, und damit den Ruhm des noch jungen, erst 1861 begründeten Königreichs zu mehren. W hymper tobt, die Italiener sind ihm voraus. Er stürmt in sein Zimmer, nimmt sich seine Karten vor. Fieberhaft überlegt er, ob er der Gruppe noch zuvorkommen kann, berechnet, dass sie etliche Tage brauchen wird, um zum Gipfel zu kom- men. Wenn er aber nach Zermatt wan- dert und von dort über die Ostseite zur Spitze des Matterhorns steigt, kann er die Italiener noch überholen. Sein Problem: Mit Carrel sind noch weitere der besten Bergführer von der italienischen Seite unterwegs. Und die meisten der Einheimischen auf der Schweizer Seite weigern sich, zum Gip- fel des Matterhorns zu gehen, da sie das Unterfangen für unmöglich halten. Bei den Leuten in den Dörfern heißt es so- gar, ein Fluch liege auf dem Berg, Geis- ter würden dort oben leben. Doch allein kann Whymper mit seiner Ausrüstung nicht einmal nach Zermatt gelangen. „Ich war in der Lage eines Generals ohne Armee; Pläne konnte ich machen, aber zur Ausführung fehlten mir die Leute“, schreibt der Engländer später.

Zermatt

SCHWEIZ

Fundort der Verunglückten

Route von Edward Whymper

Matterhorn- gletscher

Dent d’Hérens 4171m

Matterhorn 4478m

Rou vonte Jean-Antoine Carrel Route von

Breithorn 4164m

ITALIEN

0 km

3

Breuil

Von Zermatt auf der Schweizer Seite aus steigen Edward Whymper und seine Begleiter zum Matterhorn hinauf. Auf diese Weise überholen sie die Expedition um Jean-Antoine Carrel, die von Italien aus unterwegs ist.

als Alpinist vorzuweisen. Auch er spielt mit dem Gedanken, das Matterhorn zu besteigen. Er hat in Zermatt Kontakt mit Peter Taugwalder aufgenommen, einem der wenigen Bergführer, die es überhaupt für möglich halten, den Fels von dieser Seite aus zu erklimmen. Und sie bleiben nicht allein. Am 12. Juli in Zermatt eingetroen, sto-

dem 19-jährigen Spross eines reichen Reeders aus London. Hadow gilt als exzellenter Cricket- spieler, aber im hochalpinen Klettern hat er wenig Erfahrung. Whymper zweifelt zunächst, ob Hadows Fähigkei- ten für ihr Vorhaben ausreichen, doch Hudson versichert, es sei unbedenklich, ihn mitzunehmen. Die Briten beschließen, gemein- sam die Erstbesteigung zu versuchen – auf der bisher noch nicht begangenen Route über den Hörnligrat und die Ost- wand. Eine Zufallsgemeinschaft aus Männern, die eben gerade da sind; und die im Moment nur eines verbindet: Sie alle wollen als Erste zum Gipfel des Matterhorns – vor den Italienern. Es ist 5.30 Uhr am 13. Juli 1865, als die Bergsteiger aufbrechen: die vier britischen Alpinisten, Michel Croz so- wie Peter Taugwalder, außerdem zwei seiner Söhne als Träger. Die Gruppe erreicht zur Mittagszeit eine Höhe von rund 3350 Metern. Dort richtet sie ihr Nachtlager ein. Croz und der ältere Taugwalder-Sohn, ebenfalls mit Namen Peter, ziehen los, um eine Route für den

Eine konkurrierende Expedition soll den Ruhm der Erstbesteigung für Italien sichern

Aber er hat Glück. Am Mittag des 11. Juli findet sich zufällig ein britischer Bergsteiger in Breuil ein, der mit einem Führer aus Zermatt gekommen ist und am Morgen wieder dorthin zurückwan- dern will. Whymper schließt sich den beiden an und gelangt so mit all seinem Gepäck auf die Schweizer Seite. Lord Francis Douglas ist Angehöri- ger des Hochadels und hat mit 18 Jahren bereits einige Erfahrung und Erfolge

ßen Douglas und Whymper, auch das ein gewaltiger Zufall, auf den anglika- nischen Reverend Charles Hudson. Er gilt als der beste britische Bergsteiger seiner Zeit – und plant ebenfalls, das Matterhorn in Angri zu nehmen. Hud- son hat den hoch angesehenen Führer Michel Croz aus Chamonix am Mont Blanc engagiert, mit dem Whymper auch schon unterwegs war. Zudem wird er begleitet von Douglas Robert Hadow,

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