P.M. History

Auch Jahrzehnte nach ihrer Unabhängigkeit leiden viele Staaten in Afrika noch immer unter schweren Problemen. Ein Erbe ihrer Vergangenheit?

„DIE KOLONIALEN STRUKTUREN

Interview: Manuel Opitz

Herr Professor Zimmerer, die ärmsten Staaten der Welt liegen in Afrika. Oft heißt es, die Armut sei das Vermächtnis des euro­ päischen Kolonialismus. Ist das eine zu simple Argumentation? Prof. Jürgen Zimmerer: Man kann sicherlich nicht sämtliche Probleme in afrikanischen Staaten auf den Kolonia­ lismus zurückführen. Politische Insta­ bilität und damit verbunden Putsche, Bürgerkriege und Armut, wie wir sie an vielen Stellen sehen, gehen auch auf das Versagen afrikanischer Eliten zu­ rück. In den vergangenen Jahrzehnten haben viele Politiker als Erstes nicht an ihr Land gedacht, sondern an sich selbst. Trotzdem hängen diese Fehl­ entwicklungen damit zusammen, wie die europäischen Mächte ihre früheren Kolonien zurückgelassen haben. Inwiefern? Die Kolonialmächte haben Afrika immer als Quelle für billige Rohstoffe und Arbeitskräfte betrachtet. Denken Sie etwa an die Sklaverei. Sie haben weder eine produzierende Industrie noch funktionierende Bildungssysteme geschaffen oder Grundlagen für eine Demokratisierung gelegt. Die meisten afrikanischen Staaten sind unvorberei­ tet in ihre Unabhängigkeit gestolpert.

LEBEN FORT“

AUFBRUCH Die Zeit der Fremdherrschaft (o.) liegt in den Staaten Afrikas inzwischen Jahrzehnte zurück – und spielt doch bis heute eine wichtige Rolle für ihre aktuelle Entwicklung

P.M. HISTORY – FEBRUAR 2024 80

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