Kurze Geschichte des Ehrenamtes in der Türkei
Ehrenamtliches Engagement oder Freiwilligenarbeit, in der Türkei be - kannt unter dem Begriff gönüllülük, existiert bereits seit den Tagen des Osmanischen Reichs in Form von Stiftungen. Damals durfte jede Eth - nie Stiftungen gründen und es gab ca. 100 entsprechende Einrichtun - gen landesweit, darunter Armen- und Krankenhäuser. Mit Gründung der Republik 1923 erfolgte eine Neu - strukturierung des Stiftungswesens. Viele Dinge waren nun verboten. Re - ligiöse Sekten durften keine Schulen mehr gründen, Stiftungen durften keinen Handel betreiben und sich keine Besitztümer mehr aneignen. Erst 2010 wurde ein neues Gesetz für Stiftungen erlassen. Ländereien wurden in diesem Kontext zurückge - geben. Ein schweres Erdbeben, das die Türkei 1999 ereilte, förderte ein er - starkendes Bewusstsein für den Wert und die Bedeutung freiwilli- gen Engagements. Dieses wurde
durch das UN-Ehrenamtsjahr 2001 noch einmal unterstützt. Es gab neue gesetzliche Regelungen zum Ehrenamt, Freiwillige Feuerwehren wurden gegründet und eine Steu - erfreiheit für Vereine geschaffen. Die Umgestaltung des türkischen Jugendministeriums 2013 schuf wei - tere Impulse für die Ausweitung des freiwilligen Engagements, was dann 2019 im Jahr des Ehrenamtes gipfel - te. In der Folge wurden Plattformen für das Ehrenamt gegründet, die das Auffinden von Einsatzmöglichkeiten erlaubten. Im Rahmen der Zusammenarbeit zwischen Hochschulrat und Minis - terium für Jugend und Sport wird seit dem Studienjahr 2020–2021 das Fach „Ehrenamtlicher Studienunter - richt“ als Studienfach angeboten. Darüber hinaus gibt es an vielen Universitäten Jugendoffices, die die erste Anlaufstelle für Studierende darstellen, die sich ehrenamtlich en - gagieren wollen.
Der unabhängige türkische Städte - rat unterzeichnete 2021 ein Proto - koll mit dem Ministerium, das be - sagt, dass das Ehrenamt über die Kommunen gewährleistet werden soll. Zu diesem Zweck hatte es ein Zusammentreffen von 400 Bürger - meistern gegeben. Auch wenn es ge- setzlich geregelte Freiwilligendiens - te, ein Taschengeld für Freiwillige oder eine Aufwandsentschädigung für Ehrenamtler – also ein Deutsch - land vergleichbares Anreizsystem – in der Türkei nicht gibt, wird freiwil - liges Engagement vor allem junger Menschen offensiv beworben und in seiner Bedeutung für eine funktio - nierende Gesellschaft wertgeschätzt und kontinuierlich weiterentwickelt.
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