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m Morgen des 17. September 1944 steuern 2.203 Truppen- transporter, Lastensegler und Schleppmaschinen der 1. alliierten Luftlandearmee auf zwei Luftkorri- doren von Großbritannien aus die Niederlande an. Jede dieser „Marsch- säulen“ ist nahezu 150 Kilometer lang und fünf Kilometer breit. Hinzu kommen 1.500 Jagdflieger, die Geleit- schutz geben. An Bord der Flugzeuge befinden sich drei Luftlandedivisionen der Ar- meen Großbritanniens und der Ver- einigten Staaten: die „Roten Teufel“ der von Generalmajor Robert Urqu- hart befehligten britischen 1. Luft- landedivision; die 82. US-Luftlande- division unter dem Kommando von Brigadegeneral James Gavin mit dem Kampfnamen „All American“ sowie die „Screaming Eagles“ der 101. US- Luftlandedivision, die Generalmajor Maxwell Taylor befehligt. Alles in al-
Eile Einheiten von Luftwaffe, Artille- rie und der 9. SS-Panzer-Division zu einer Kampfgruppe zusammen und bildet mit ihnen westlich Arnheims eine weitere Verteidigungslinie. Zusätzlich erhält die Kampfgruppe Tettau den Befehl, nach Arnheim zu verlegen. Diese Einheit besteht vor- nehmlich aus „Westkämpfern“, deren Einheiten in Frankreich zerschlagen wurden. Ebenso wird ein holländi- sches Bataillon mit SS-Freiwilligen sofort nach Arnheim in Marsch ge- setzt. Östlich Nimwegens sammeln sich indes Einheiten des Korps Feldt, das die Westgrenze am Niederrhein sichert, zum Angriff auf Groesbeek, welches die 82. Luftlandedivision be- setzt hat. Weiter südwestlich rüsten sich Teile der, im Raum Herzogen- busch stehenden, 1. deutschen Fall- schirmjägerarmee unter General Kurt Student zur Hilfe. Bei ersten Scharmützeln finden Students Männer in einem abgestürz-
Alles bereit: 7UDQVSRUWɎXJ zeuge vom Typ Douglas DC-3 warten am 17. September 1944 darauf, Fallschirmjäger nach Holland zu bringen
deutschen Heeresgruppe B, rechnet nicht damit. Der Feldmarschall sitzt gerade mit seinem Stab im Tafelberg- HotelinOosterbeekzuTisch,alsgegen 14 Uhr plötzlich feindliche Fallschirm- jäger auf der Renkumer Heide unweit desHotelslanden.AusAngstvoreiner Entführung durch die Briten befiehlt Model sofort dieVerlegung des Haupt- quartiers ins 30 Kilometer entfernte
lem zählen sie 20.000 Mann. (LQH[DNWHU$QJULɃVSODQ
Fallschirmjäger sollen die Rheinbrücken für die vorstoßenden Bodentruppen sichern.
Die Truppenverbände sind Teil der Operation „Market Garden“, einer kombinierten Luftlande-Bodenoffen- sive. Die Angriffsoperation beruht auf einer Idee des britischen Feld- marschalls Sir Bernard Montgomery. Nach einem exakten Angriffsplan sol- len Luftlandedivisionen in mehreren Wellen hinter den deutschen Vertei- digungslinien am Albert-Kanal lan- den und alle Brücken zwischen Eind- hoven und Arnheim im Handstreich nehmen (siehe Karte S. 15). Anschlie- ßend müssten sie die Brücken nur zwei bis vier Tage halten (Operation „Market“), bis die Bodentruppen des XXX. Korps unter Generalleutnant Bri- an Horrocks entlang der Straße von Eindhoven nach Arnheim vorgesto- ßen sind (Operation „Garden“). Generalleutnant Frederick „Boy“ Browning, Leiter des 1. Britischen Luft- landekorps, stimmt dem tollkühnen Schlachtenszenario grundsätzlich zu. Nur einen Zweifel hegt er: Vielleicht ist das Ganze eine Brücke zu weit ... Es ist ein Satz, der bis heute die Erinne- rung an die Schlacht von Arnheim prägt. Bestsellerautor Cornelius Ryan wird ihn Jahre später als Titel für sein Sachbuch A Bridge too far verwenden, das 1974 erscheint und später sogar verfilmt wird (siehe Kasten S. 16). Zuerst scheint Montgomerys Kal- kül aufzugehen. Überall verlaufen die Landungen planmäßig, die Über- raschung ist perfekt. Selbst Generalfeldmarschall Wal- ter Model, der Oberbefehlshaber der
Terborg. Dann springt er ins Auto und fährt zum Hauptquartier des II. SS- Panzerkorps nach Doetinchem, von wo aus er die erforderlichen Gegen- maßnahmen koordiniert. Deutsche reagieren schnell Auch Models Unterführer reagieren schnell. Major Sepp Krafft vom Aus- bildungsbataillon 16 der SS-Schule Arnheim bildet sofort eine Kampf- gruppe und riegelt zwischen Ooster- beek und Wolfheze zwei Straßen nach Arnheim ab. Obersturmbann- führer Ludwig Spindler rafft in aller
ten alliierten Gleiter unter den Toten einen Aufmarschplan von „Operation Market Garden“. Student zögert keine Sekunde und leitet diesen an Model weiter. Aber der Feldmarschall schenkt der Karte wenig Glauben, da er sie schlicht für eine Täuschung des Feindes hält. Model sucht am späten Nachmit- tag den Kommandeur des II. SS-Pan- zerkorps, SS-Gruppenführer und Ge- neralleutnantderWaffen-SS,Wilhelm Bittrich auf, mit dem er die Lage be- spricht. Bittrich glaubt nicht, dass der Angriff Model gilt. Er vermutet viel- mehr die Brücke von Arnheim als An- griffsziel der Alliierten, was den Feld- marschall letztendlich überzeugt. Die beiden beschließen die Siche- rung der Rheinbrücken von Arnheim und Nimwegen. Gleichzeitig sollen Verbände für den Gegenangriff ge- sammelt werden. Hinsichtlich der beiden Brücken von Nimwegen rät Bittrich zur Sprengung, Model will je- doch beide Bauwerke vorerst verteidi- gen und nicht zerstören. Der Feldmar- schall hofft, sie für einen späteren Gegenstoß nutzen zu können. Verstärkung im Anmarsch Doch dazu braucht Model weitere Streitkräfte.BittrichsTruppenverband, die 9. SS-Panzer-Division „Hohenstau- fen“ und die 10. SS-Panzer-Division „Frundsberg“, sind gerade erst zur Auf-
Überrascht: Generalfeld- marschall Walter Model (l.) wird von der Operation kalt erwischt, rechts von ihm SS-Brigadeführer Heinz Harmel
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