Militär & Geschichte

Die Jugoslawische Volksarmee soll die Einheit des Landes verteidigen und lässt Mitte 1991 vor dem Parlament in Belgrad schützende Panzer auffahren

Am Nationalpark Plitvicer Seen gibt es Ende März 1991 die ersten Todesopfer; das Foto zeigt einen Kontrollpunkt der JVA

K

Männer aber auch wie Franjo Tudj- man, der für seinen Traum eines un- abhängigen Kroatiens kaum weniger

Verteidigungsminister Veljko Kadije- vić, die föderative Idee zu retten und einenGewaltausbruchzuverhindern. Noch vor der Vereidigung Tudjmans beschlagnahmt sie deshalb die Waf- fen der kroatischen Territorialvertei- digung – Gewehre und sonstige Aus- rüstung für rund 200.000 Mann. Tudjman lässt sich davon aller- dings nicht beirren und treibt seine Kroatisierungsbestrebungen voran. Unter anderem verringert er den An-

urz vor Anbruch der 1990er- Jahre haben Massenkundge- bungen nicht nur in der DDR

einnehmende Pläne hegt. Triebfedern der Krise

Hochkonjuktur. Auch in Städten des Balkans versammeln sich zu jener ZeitTausende,umihremUnmutüber die Verhältnisse Luft zu machen. Die Rhetorik dort ist allerdings von der derberen Sorte: „Reich’ uns nur den Salat,Slobodan“,tönt es zum Beispiel durch Belgrad, „das Fleisch haben wir schon – wir schlachten die Kroaten!“ Parolen wie diese – und ähnliche sind zur selben Zeit auch in Zagreb oder Sarajevo zu hören – lassen kei- nen Zweifel daran, dass etwas faul ist in dem Staat, der schon bald nicht mehr Jugoslawien heißen wird. Nachdem im Jahr 1980 der große Einiger Tito verstorben war, erodierte das Bindemittel des Kommunismus. Abgelöst wird es vom ethnischen Na- tionalismus, den immer mehr Politi- ker benutzen, um ihre eigene Macht- basis zu verbreitern. Männer wie Slo- bodan Milošević, der mit seiner Idee eines Groß-Serbien auf Kosten der übrigen Teilrepubliken populär wird.

Der Gegensatz zwischen Serben und Kroaten, den beiden größten Ethnien des Landes, ist die wichtigste Triebfe- derderjugoslawischenKrise.Erspeist sich in erster Linie aus dem Genozid der kroatischen Ustascha-Bewegung

Der auflodernde Nationalismus treibt einen Keil in den Vielvölkerstaat.

teil der Serben in der ihm unterstell- ten Polizei und führt das kroatische Schachbrettmuster als Hoheitszei- chen ein – für viele ein Symbol der Ustascha. Serbische Abspaltungen Als Reaktion darauf organisieren sich nun auch die in Kroatien lebenden Serben.Ende Juli 1990veröffentlichen sie eine Art eigene Unabhängigkeits- erklärung, der bald darauf die Aus-

an den Serben während des Zweiten Weltkriegs,andererseits aus dem Ge- fühl vieler Kroaten, von den Serben zwangskolonialisiert worden zu sein. Als sich im April 1990 ein Sieg von TudjmansnationalistischerParteibei den Wahlen zum Regionalparlament in Zagreb abzeichnet, schrillen in Bel- grad die Alarmglocken. Mehr noch als das Bundespräsi- diumbemühtsichindiesenTagendie JugoslawischeVolksarmee(JVA)unter

Affront: 1990 führen die Kroaten ihr traditionelles Schachbrettmuster als Hoheitszeichen ein; hier ziert es das Abzeichen eines 1992 aufge- stellten Regiments

Januar 1990 Abschaffung des Einparteiensystems in Jugoslawien. Die Jugoslawienkriege 1991–1995 CHRONIK

Darauffolgende Neuwahlen bringen in fast allen Teilrepubliken ethnonationalistische Regierungen an die Macht Unabhängigkeitserklärung von Kroatien und Slowenien. In Letzterem zwei Tage später Ausbruch von Kämpfen mit der JVA Waffenstillstand in Slowenien, Abzug der JVA Beginn offener Kämpfe zwischen Kroatien und JVA Unabhängigkeitserklärung von Mazedonien (keine Kämpfe)

Veljko Kadijević ist zwischen 1988 und 1992 der Ver- teidigungsminister Jugoslawiens. Nach dem Krieg machen ihn die Kroaten für angebliche Kriegsverbrechen verantwortlich

25.6.1991

3.7.1991 14.9.1991 25.9.1991 2.1.1992 5.3.1992

Waffenstillstand zwischen Kroatien und JVA

Unabhängigkeitserklärung Bosnien-Herzegowinas. Bald darauf Ausbruch von Kämpfen mit JVA und bosnischen Serben

28.4.1992

Gründung der Bundesrepublik Jugoslawien mit den Mitgliedsstaaten Serbien und Montenegro Ende des Bosnienkrieges (Abkommen von Dayton)

14.12.1995

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