Militär & Geschichte

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Rom verliert im Jahr 53 v. Chr. nahe der in Nordmesopotamien gelegenen Stadt Carrhae 30.000 Mann. Es ist eine der größten militärischen Niederlagen, die das Römische Reich in seiner gesamten Geschichte erleiden muss

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nfang Juni 53 v. Chr. stehen meh- rere römische Legionen in der wüstenartigen Landschaft Nordmesopotamiens. Mehr als 30.000 Soldaten bilden ein gigantisches Kar- ree und müssen sich nach allen Seiten verteidigen. An diesem Tag sind sie erstmals auf ihren hiesigen Gegner gestoßen: die Parther, eine Groß- macht im Vorderen Orient. Deren Rei- terscharen lassen jetzt einen pausen- losen Pfeilhagel auf die römischen Invasoren herabregnen. Schon sind etliche Legionäre gefallen − und viele weitere werden folgen. Es ist der An- fang vom Ende eines hoffnungsvoll begonnenen Feldzugs, der in eine ka- tastrophale Niederlage münden wird. Zwei Herrschaftssphären Dass diese Region nicht einfach zu kontrollieren ist, wissen die Römer freilich schon seit Jahrzehnten. Zu Beginn des 1. Jahrhunderts v. Chr. hat sich das Römische Reich weite Teile des Nahen Ostens einverleibt. Die westlichen Gebiete der ehemaligen Großmacht der Seleukiden werden vondenRömernannektiert,während das aufsteigende Reich der Parther den Osten beherrscht. Die Grenzen zwischen beiden Herrschaftssphären verlaufen fließend, wobei vor allem der syrisch-nordmesopotamische Raum ein beständiger Zankapfel bleibt (siehe Karte S. 43). Wer hier den römischen Einfluss steigert, kann sich daheim am Tiber als starker Mann inszenieren. Das wissen auch Cäsar, Pompeius und Marcus Licinius Crassus, die seit 60 v. Chr. als Erstes Triumvirat (Drei- männerherrschaft) in Rom die politi- sche Macht ausüben. Während die beiden Ersteren jedoch auf großen Feldherrenruhm zurückschauen können, beruht die Bedeutung des

Crassus vor allem auf seinem unge- heuren Reichtum. Crassus hat zwar durchaus einige militärische Erfah- rung, möchte aber seinen beiden Mit- regenten auch in puncto Kriegsruhm nicht nachstehen. Kriegsruhm im Orient? Daher lässt er sich den Oberbefehl in Syrien übertragen. Denn dort tobt ein dynastischer Machtkampf, der ihm gerade recht kommt. Das östliche Par- therreich wird seit Kurzem von König Orodes II. regiert, dem aber dessen BruderMithradatesdenThronstreitig macht. Mithradates wiederum gilt als Sympathisant Roms, und wenn Crassus ihm mit Waffengewalt zur Herrschaft verhilft, kann er militäri- schen und politischen Lorbeer ernten. Also zieht Crassus ein Heer zusam- men, das sieben Legionen (28.000 schwer bewaffnete Legionäre), 4.000 leichte Infanteristen sowie 4.000 Mann Kavallerie (darunter 1.000 galli- sche Reiter) umfasst. Mit dieser Streit- macht zieht er im Jahre 54 v. Chr. in Richtung des nördlichen Mesopota- miens, er überschreitet die Euphrat- grenze und bringt mehrere Städte unter seine Herrschaft. Ziel: die Partherhauptstadt Im folgenden Jahr sammelt Cras- sus seine Truppen in Carrhae und marschiert von dort aus in Richtung Süden. Sein Ziel ist die am Tigris im südlichen Mesopotamien gelegene Partherhauptstadt Seleukia. Der Partherkönig Orodes II. hat zwischenzeitlich seine Macht gefestigt und schickt den Rö- mern ein Heer entgegen, das von einem seiner besten Gene- räle namens Surenas befehligt wird. Es besteht – im Gegensatz zur römischen Armee – praktisch

Roms Gegner: Partherkönig Orodes II. auf einer zeit- genössischen Münze, die in seiner Haupt- stadt Seleukia gefunden wurde

Machtmensch: Marcus Licinius Crassus führt seine Armee

gegen die Parther (Büste in der Carls- berg Glyptotek/ Kopenhagen)

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